Facetten einer Feiertagsidylle

Weihnachten kann kommen: "Der Familienrat" des Ensembles "Nico and the Navigators" tagt im FFT Juta Die Musik verrät es: Es ist Weihnachten, und zu keiner anderen Zeit des Jahres drängt sich die Familie so in unser Bewusstsein und lässt unterschwellige Konflikte hervortreten. Schon der Schriftsteller Heimito von Doderer wusste, „wer sich in die Familie hineinbegibt, kommt darin um“. Familie, ein Begriff, so komplex wie eine Therapie-Sitzung. Jedes Mitglied hat stillschweigend seine Rolle darin übernommen, macht gute Miene, um die oberflächliche Feiertagsharmonie nicht zu gefährden, obwohl innerlich Gewalt und Aggressivität brodeln, die Gefahr laufen, sich plötzlich zu entladen. Das Ensemble „Nico and the Navigators“ um Regisseurin Nicola Hümpel nähert sich mit ihrem neuen Stück „Der Familienrat“ diesen für Außenstehende meist befremdlichen Spielregeln der lieben Verwandtschaft. Die Vielfalt menschlicher Verhaltensrituale, die oft rational nicht begründbaren Vorgänge im Familienalltag, übersetzen die sieben Schauspieler in ihre spezifische Theatersprache. Dabei sind Worte fast überflüssig geworden. Die Inszenierung lebt von einer Bildsprache, die dem Zuschauer die Möglichkeit gibt, frei zu assoziieren und seiner Fantasie keine Grenzen setzt. Dabei werden die Dinge ihrer gewöhnlichen Bedeutung beraubt. Ein Kleiderbügel kann auch zum Schreiben benutzt werden und die Dusche wird zum Kleiderschrank. Diese Wandelbarkeit unterstützt die rot gehaltene Bühne von Oliver Proske. Klappe auf, Klappe zu: mal eine Tür, dann ein Garagendach, zum Schluss ein Haus. Das Bühnenbild bietet viele Möglichkeiten zum Rückzug und zum Verstecken – ganz im Sinne der Familie. Auch die scheinen ihre Rollen gerne zu tauschen, so dass man sich fragt „Wer ist nun eigentlichVater, Mutter, Bruder oder Schwester?“ Zeitlupenartig verträumt, aber auch slapstickhaft komisch agiert die Bühnenfamilie. Ihre Stimmungen werden musikalisch untermalt, so dass sich eine Einheit aus Bewegungs-, Klang-, Sprach- und Raumbildern entwickelt. Poetisch und surreal wirkt die Inszenierung. Worte spielen kaum eine Rolle, und so entziehen sich auch hingeworfene Sätze wie „Er war zu dünn, um Verantwortung zu übernehmen“ oder „Die Ruhe im Kräutergarten war besser als jede Altersvorsorge“ jeglichem Sinnzusammenhang. Es herrscht eben sprachloses Wohlfühlen, manchmal auch bei Familienfesten.

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