Zu spät, um früh zu sein

Die allererste Figur, auf die man früher im Lehrbuch „Learning English“ für die fünfte Klasse stieß, hieß „Mr. Fog“. Knapp 30 Jahre später sind wir in „Eggs on Earth“ dem Nebelmenschen wieder begegnet. Als Herr Fock/Mr. Fog ist er in Nicola Hümpels Inszenierung das große Telefonphantom, zu dem die sieben Figuren immer wieder durchgestellt werden wollen – vergeblich, denn im Jugendkult des Kommunikationskapitalismus gilt: „Es ist zu spät, um früh anzufangen“. Nach den eher intimen Situationen, die Nico and the Navigators in „Lucky days, Fremder!“ durchdeklinierten, haben sie sich diesmal der deformierenden Arbeitswelt angenommen. Die Schritte vom Privaten ins Gesellschaftliche sind der am Dessauer Bauhaus gegründeten Truppe gut bekommen: Früher bewahrheiteten sich in verkrampfter belangloser Hübschheit oft die Schrecken, die hinter dem Wort „Bildertheater“ lauern. Diesmal bannen nicht nur die 1000 famosen Möglichkeiten, die das konstruktivistische Nähkastenbühnenbild von Oliver Proske bietet – diesmal werden aus Bildern auch Szenen, aus dem Spiel wird beinahe Tanz. Die Szenen abstrahieren verschiedene Stufen der Anpassung: Demütigung, Unterwerfung, Deformation, Abhängigkeit, Missbrauch. Die Objekte, mit denen die Akteure kämpfen, sind verdinglichte Widerstände, die die Produktionsverhältnisse dem Glück entgegensetzen – wie einst bei Harold Lloyd, Keaton oder Chaplin. Doch wie bei diesen hebt die Kunst die Trostlosigkeit der Angestelltenwelt in etwas Höherem auf: Alle Statik und Schwere schwindet, die Sophiensaele scheinen zu schweben.

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