Barockes Schäferstündchen – Nico and the Navigators & Franui mit „Anaesthesia“ im Radialsystem V

„Et in Arcadia ego“ - so prangt es auf der Brust von Patric Schott, der zur Statue erstarrt auf die Bühne getragen wird. Gevatter Tod gibt sich die Ehre, denn das lateinische Motto übersetzt - „Auch mich gibt es in Arkadien“ - steckt die zwei Pole barocken Lebens ab: zum einen schwellende Lebenslust, zum anderen das Wissen darum, dass in jedem Idyll auch Tod und Vergänglichkeit lauern. So heißt das Stück wohl auch nicht umsonst „Anaesthesia“, Nico and the Navigators konstruieren für ihren lustvollen Trip in diese Ära eine rauschhafte Zwischenzone. An typischen Accessoires wird nicht gespart: Pluderhosen, Puffärmel, Federn und Schuhe, wie auch Ludwig der XIV. sie gern getragen hätte, machen die reigenhaften Tänze, höfischen Rituale und Tableaux vivants in der Art von Gemälden stilecht. Das alles könnte Gefahr laufen, kitschig zu wirken, wäre da nicht der Part von Adrian Gillot. Als Erzähler macht er das Spektakel mit seinen ironischen Kommentaren erst durchlässig für zeitgenössische Augen und Ohren. Die wunderbar wandlungsfähige Yui Kawaguchi sticht zudem tänzerisch heraus, wenn sie modernes Bewegungsvokabular aufblitzen lässt. Die kunstvolle Blase perfekt macht schließlich die Musik Händels: Die elf Musiker von Franui sowie die drei Sänger zelebrieren den Händel´schen Kosmos, verfremden ihn jedoch auch gehörig mit Instrumenten wie Akkordeon und Saxophon. Am Ende wird kollektiv gestorben, mit einer Prise Puder aus dem Säckchen von Gevatter Tod. Das ist so schrecklich schön, dass man dem Stück die Bilderseligkeit und kleinen Manierismen einfach nicht übelnehmen mag.

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