Die fliederfarbene Angst

Ein guter Start des Donaufestivals mit dem schönen Tableau-vivant-Bildertheater "HELden & kleinMUT" Mit ihrem schönen Tableau-vivant-Bildertheater "HELden & kleinMUT" hat das deutsche Performance-Team Nico and the Navigators das Donaufestival eröffnet. Ein guter Start! Krems – Mit ihrer sanften Form von Subversion haben sich die Mitglieder des deutschen Performance-Kollektivs Nico and the Navigators den rührenden Titel "Ehrenschweizer der Kunst" (Renate Klett) zugezogen. Ihr großformatiges Tableau-vivant-Theater wird denn von als eidgenössisch verschriener Bedächtigkeit, Genauigkeit und Langsamkeit in Schuss gehalten. Und man macht, auch das eine nämliche Attitüde, abseits von modischen Verrenkungen zeitgenössischen Performance-Theaters sein eigenes Ding. Es heißt diesmal HELden & kleinMUT und hat am Donnerstag das neue Niederösterreichische Donaufestival eröffnet. Es ist die siebte Arbeit der seit 1998 bestehenden Gruppe, und sie ist zum ersten Mal (!) in Österreich zu Gast. Ein Versäumnis, das Neo-Intendant Thomas Zierhofer- Kien nun nachholt. Bildnerische Eigenständigkeit und Akkuratesse ist das Fundament des Ensembles. Leiterin und Regisseurin Nicola Hümpel (alias Nico) kommt nicht als Einzige ihrer Off-Gruppe von der bildenden Kunst, sie hat am Bauhaus Dessau die Bühnenklasse besucht, bei Achim Freyer gearbeitet und mit ihren Navigatoren das "Sprechtheater" gleich von Anfang an weit umsegelt. Umso schlüssiger, klarer, behauptungsvoller gelingt hier eine Wiederverzauberung der Welt, wie sie so schön schon lange nicht mehr sein durfte. Dem schmalen Abend (eine Stunde, zehn Minuten) steht das geradezu lachhaft weite Thema "Angst" vor. Er handelt freilich von weniger und mehr, auch von der Angst beim Anblick eines Kindes ohne Sturzhelm am Fahrrad. Figuren, Zustände, Bilder finden hier in einer losen, szenisch puristischen Aneinanderbindung nur zu momenthafter Gültigkeit. Menschen (Typen) schieben sich mit oder ohne Koffer in das in sich verschachtelte graue Kubengebirge von Bühnenbildner Oliver Proske, lassen ihr langes Haar über die Kante einer Zwischenetage hängen oder lüpfen den Rock für den schwangeren Bauch. Edel-Off-Truppe Nico and the Navigators gestatten – Achim Freyer plus Stummfilmmimik – die Wiederverzauberung der Welt, ganz präzise. In Fliederfarben und Olivgrüntönen (phänomenale Lichtführung von Peter Meier), mit seidigen Gitarren- und Trommelklängen von Steffen Martin und Joao Orechhia. Off-Theater? Nico and the Navigators sind die Edel- Truppe unter den Freien. Die (markanten) Frisuren sind mindestens so teuer wie die traumhafte Couture, und weil man erfolgreiche Designer in der Mannschaft hat, ist die Schönheit aller vorkommen den Dinge raumgreifend. Desgleichen die sechs Darsteller, drei Frauen, drei Männer, ihre Namen (zum Beispiel Annedore Kleist) so extravagant wie die dazugehörigen Gesichter. Und wenn an ihren sauberen nackten Füßen einmal ein Plastiksackerl picken bleibt, dann ist der darauf folgende Befreiungsakt immer schon mindestens ein Ballett. Humor zählt hier, auch im Singen von Chansons. "Do you want to buy my paradise?", ruft die kecke Französin im roten Puffärmelkleidchen verlockend. Und man will es nicht. Eine wundervolle Arbeit.

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