Drei Monate und fünf Plätze Abstand

Ich habe es getan. Zum ersten Mal in Corona-Zeiten habe ich am Wochenende ein klassisches Konzert besucht Mit Mundschutz und Abstand - und trotzdem mit großem Vergnügen. Normalerweise wäre für mich als Klassik-Fan jetzt im Juni/Juli der Höhepunkt der Konzertsaison. In Hamm liefe eigentlich jetzt gerade der KlassikSommer. 13 Konzerte sollten beim Festival starten. Doch Corona hat all das zunichte gemacht und sämtliche Auftritte wurden aufs kommende Jahr verschoben. Das galt auch die beiden großen Beethovenkonzerte im Jubiläumsjahr des Titanen: die neunte Sinfonie und die Oper Fidelio, bei denen ich in den beiden Projektchören mitsingen wollte. Dafür habe ich am Sonntag im Konzerthaus in Dortmund ein besonderes Konzert zum Beethoven-Jahr erlebt. Das Drumherum war anders als sonst und doch schon fast die viel beschworene neue Normalität: Im Foyer herrschte ein Einbahnstraßenregelung. Die Besucher gingen mit Maske zu ihrem Platz im Konzertsaal und durften sie dort erst wieder abnehmen. Es wurden immer nur zwei Plätze nebeneinander vergeben und dann fünf Stühle nicht besetzt, ehe das nächste Pärchen Platz nehmen durfte. So saß neben und vor mir eine Familie mit Kindern und Großmutter über mehrere Reihen verteilt. Abstand hielten auch die Protagonisten auf der Bühne: Das Kuss Quartett spielte zwei Beethoven-Streichquartette und nutzte dabei den ganzen Bühnenraum. Visuell in Szene gesetzt wurden die Klänge durch eine japanische Tänzerin sowie auf einer großen Leinwand, auf der Videosequenzen eines Performance Ensembles liefen, das wegen Corona nicht mit auf der Bühne agieren konnten. So ungewöhnlich die Umstände und die Umsetzung des Konzerts waren, so groß war der Applaus, denn die 400 statt der normalerweise bis zu 1500 Zuschauer in Dortmund dürsteten förmlich nach Kultur. Und das ging auch mir nach drei Monaten Abstinenz so. Livemusik mit Abstand ist eben doch ganz anders als ständig nur CD oder Youtube.

<< Zurück zur Presseübersicht