Ein barockes Bilderrätsel: Anaesthesia

Die Besucher der Pasticcio-Oper „Anaesthesia“ von Nico and the Navigators erlebten am Freitag im neuen theater Halle einen fulminanten und bildreichen Premierenabend der musikalischen Extraklasse. Die Pasticcio-Oper "Anaesthesia" feierte eine berauschende Premiere. Die poetische Barocknarkose wurde konzipiert und inszeniert von Nicola Hümpel. Das italienische Wort Pasticcio wird ins Deutsche mit Pastete übersetzt oder bezeichnet ein italienisches Pastagericht. Beides sind Leckereien, wenn man sie mit entsprechender Sorgfalt und Leidenschaft zubereitet. So auch das jüngste Werk von Nicola Hümpel, die mit Anaesthesia einen genussvollen Abend den Gästen der Händel-Festspiele in Halle (Saale) kredenzte. Während die eigentliche Pasticcio-Oper von Zitaten aus bestehenden Kompositionen lebt, prägt Nicola Hümpels Inszenierung besonders die stimmungsvolle und barocke Bildersprache. Nicht etwa die Kulisse (Oliver Proske) - die in kühlen dunkelgrünen Kunststoff einem Fahrgeschäft auf dem Rummel glich - sorgte für bleibende Eindrücke, sondern die Darsteller und Sänger, die getanzt, gespielt und gesungen poetisches Musiktheater boten. Wobei hier die Unterscheidung zwischen Sänger und Schauspieler oder gar Tänzer gänzlich egal ist. Denn alle agierten derart stimmig und ineinander verwoben, dass das Hervorheben einzelner Akteure ungerecht scheint. Selbst das österreichische Ensemble FRANUI bezog Nicola Hümpel in das barocke Spiel mit ein, die Händels Musik auf höchstem Niveau spielten. Mal mit konsequenter Werktreue, mal mit eigenwilliger Interpretation und Besetzung. So kamen für Barockmusik ungewöhnliche Instrumente zum Einsatz: Akkordeon, Saxophon, Tuba und Hackbrett sorgten für ungewöhnliche Klänge in einer Barockoper. Dass dann gelegentlich Brass-Sound in die Zuschauerreihen schwappte, war dann auch nicht weiter verwunderlich. Nicola Hümpel und ihr Ensemble entführten das Publikum nach Arkadien, dem Land der Dichtung. Fabelwesen, Schafe, Katzen krochen, tanzten, sprangen und schritten durchs Bild. Mystik, Ironie und Dekadenz durchzogen die dargebotenen Bilder, die das Kopfkino bei den Zuschauern in Gang setzte. Besonders eindrucksvoll die japanische Tänzerin Yui Kawaguchi, die mit ihren tänzerischen Einlagen faszinierende Ganzkörperpoesie bot. Wunderschön der Gesang und das Spiel von Countertenor Terry Wey, der mit seinem verhaltenen körperlichen Einsatz den angebotenen Bildern eine unverwechselbare Note gab. Auch Adrian Gillott überzeugte als Erzähler in diesem fantasievollen Bilder- und Musiktheater. Jovial und distinguiert flanierte er durch die barocke Bildergalerie und gab sich ironisch den Doppeldeutigkeiten hin – leider in Englisch. Es war ein genussvoller Abend für Augen und Ohren und das Publikum dankte für die fantastischen Bilder und diieexzellent gespielte Musik mit einem rauschenden Applaus.

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