Eine Stadt, in der zwei Virtuosinnen wohnen

Das heurige Osterfestival „Macht.frei/leben“ wurde mit einem audiovisuellen Spannungsstück von Yui Kawaguchi und Aki Takase eröffnet. Es ist Nacht, eine Stadt soll mit einigen Urknallen erbaut werden. Sie soll metallisch leuchten und Raum zum Leben bieten. Da sich die Menschheit entschlossen hat, in Städten zu leben, soll sie ein bisschen in die Zukunft weisen. Die Stadt, erbaut aus Klang und Bewegungsflüssen. Aki Takase zerlegt den Flügel und holt die Töne, ihre Bausteine, hervor. (Später fischt sie Metallschalen aus dem Bauch des Instruments). Ausgangspunkt und immer wieder Rückzugspunkt ist die Sinnlichkeit der Chaconne, dem spanischen Tanz aus dem 16. Jahrhundert, mit dem J. S. Bach seine verstorbene erste Frau Maria Barbara ehrte. Aber eine Stadt eilt, lärmt, weint und lacht auch, meint Aki Takase und lässt die Finger und Ellbogen auf die Tasten stürzen. In das pulsierende Klanggebäude der 40-jährigen Komponistin und Pianistin zieht die Tänzerin und Choreographin Yui Kawaguchi ein. Das heißt, sie steigt aus einem federleichten Metallhaufen (Bühnenbild: Kazue Taguchi). Noch marionettenhaft lässt sie die Körperteile die neuen Räume erkunden. Noch lässt sie sich von einem Akkord auf den Boden werfen. Aber die Tänzerin wird zu einer neugierigen Bewohnerin, zieht eine Schnur aus dem geduldigen Flügel, spinnt ihre eigenen Wege durch die Stadt. Und fuchtelt der Pianistin frech zwischen den Tasten herum. So flinke Füße, so flinke Hände. Was die beiden japanischen Künstlerinnen hier zeigen, sind Ideenreichtum und Virtuosität. Viel fesselnder kann man ein Osterfestival nicht anklingen lassen als am vergangenen Freitag im Salzlager Hall. Die hohe Halle mit den steinernen Säulen bot den spannenden Rahmen für das Tanz- und Musikduett „Chaconne – Die Stadt am Klavier IV“. Das Werk ist die vierte Zusammenarbeit von Yui Kawaguchi und Aki Takase und wurde 2011 von der Berliner Theaterkompanie Nico and the Navigators für die Konzertreihe „KlangZuGang“ erarbeitet. Das Projekt bietet Künstlerinnen und Künstlern Raum, um sich mit dem Dialog zwischen Musikern und Darstellern auseinanderzusetzen. Neue Wege des Austausches sollen dabei erforscht werden. In „Chaconne“ begegnen Tanz und Musik einander auf Augenhöhe, Unterordnung gibt es hier nicht. Ihr Dialog ist Kraftübertragung. Der Stadt, die sich aus dem Wechselspiel von Klang und Bewegung im Kopf entspinnt, wohnt eine Nachdenklichkeit inne. In der Düsternis wird die Utopie geboren. Für den Schauer sorgt denn auch Tänzerin Yui Kawaguchi, die mit Kapuze wie eine Gothic-Novel-Heldin mit dem Schatten spielt. Doch was ist eine Stadt ohne Licht. Damit spielt sich Fabian Bleisch und setzt Schatten, die Farben Rot, Schwarz, Metall und Weiß in Szene. Explosion, Ausklingen. Stille. Applaus. Als Verbeugung noch ein spritziger Ausschnitt aus einer Ballettstunde.

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