Jetzt haben sie auch noch die fünfte Wand durchbrochen

Das Theaterkollektiv Nico and the Navigators feiert sein 25-jähriges Bestehen mit vier Festtagen im Radialsystem.


Bertold Brecht durchbrach die vierte Wand. Mit seinem epischen Theater öffnete er den „Guckkasten“ und verunsicherte den Zuschauer in dessen vermeintlich sicherer Position als Rezeptionsschwamm, der mit dem Helden mitfühlte und den Antagonisten fürchtete. Nun sollte alles anders werden. Nicht mehr sollte der Lehrer den Schülern eine Geschichte erzählen, auf dass sie bessere Menschen werden, sondern das verschachtelte, oft fragmentierte Geschehen forderte kritische Auseinandersetzung und Handlungsbereitschaft. Auch Nico and the Navigators haben mit klassischem Musiktheater nichts am Hut. „Das navigatorische Prinzip war stets die Überlagerung der Bühnen- und der Menschenbilder“, sagt Oliver Proske, Bühnenbildner und technischer Leiter. „Daher verstehe ich meine Arbeit als Einladung und zugleich als Herausforderung für die Inszenierung.“


Nico and the Navigators – ein flexibel agierendes Kollektiv


Mittlerweile hat das Ensemble, das 1998 von Oliver Proske und der Regisseurin Nicola Hümpel am Bauhaus Dessau gegründet wurde, auch die fünfte Wand durchbrochen: Der Bühnendeckel wurde gelüftet, der Weg weist hinauf in die Sphären der digitalen Welt. „Die Ausweitung der Bühne in den digitalen Raum war ein konsequenter Fortschritt – die Erfüllung einer szenografischen Sehnsucht“, erklärt Proske begeistert. Die Experimentierfreude liegt in der DNA des flexibel agierenden Kollektivs. „Im Rückblick wirkt die Wahl des Namens wie ein gutes Omen: Die Navigators finden ihren eigenen Weg beim Gehen, statt in ausgetretenen Pfaden zu laufen“, so Nicola Hümpel. „Unsere Methode ist die angeleitete Improvisation, also ein gemeinsamer Prozess, bei dem wir im Dialog nach Haltungen und Situationen suchen. Dabei geht es darum, die charakteristische Körperlichkeit herauszufinden und zu überzeichnen.“


Zwang und Freiheit


Auch filmisch war das Ensemble in den 25 Jahren seines Wirkens präsent. Das Beethoven-Jubiläum 2020 nutzten Nico and the Navigators zusammen mit dem Kuss Quartett, die späten Werke Beethovens in eine zeitgenössische Formensprache zu übersetzen und unter dem Titel „Force & Freedom“ für den Kultursender Arte zu inszenieren. Der Titel fußt auf dem Motto „tantôt libre, tantôt recherchée“ („teils frei, teils streng“), das der „Großen Fuge“ op. 133 entlehnt ist. Wie nah die Worte Zwang und Freiheit damals an der Realität waren, zeigen die Umstände der Produktion. Eine zuvor geplante Bühnenproduktion konnte wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden, die Uraufführung bei den Schwetzinger Festspielen musste abgesagt werden.



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