Nico and the Navigators und Puppentheater Halle umkreisen Shakespeares Sonette im Radialsystem V
Von den 154 Sonetten Shakespeares habe ich nur 4 verstanden… Die habe ich mir in dem Bändchen mit Lesezeichen eingemerkt. Bei allen anderen fühlte ich mich wie damals im Abitur, als ich ein Sonett interpretieren sollte und nichts verstanden habe. Ich habe geschrieben: Der Text ist unverständlich, nebulös und holpert – und bekam dafür eine 6″, seufzt ein frustrierter Schauspieler auf der Bühne des Radialsystems. Die für ihre innovativen Inszenierungen bekannte Gruppe Nico and the Navigators versuchte in ihrer ersten Koproduktion mit dem Puppentheater Halle/Saale eine Annäherung an die berühmten Gedichte, die zu den am schwersten zu übersetzenden Werken der Weltliteratur gehören. Wie unergründlich manche Passagen sind, demonstrieren die Schauspieler in einer Szene, als sie mehrere stark abweichende Übersetzungen nebeneinander legen. So bleibt es bei einer schrittweisen Annäherung und Umkreisung. Der native speaker Charles Adrian Gillott trägt ausgewählte Stücke im Original vor, seine deutschen Kollegen oder die griesgrämige alte Puppe, die sich immer wieder einklinkt, legen die übersetzte Version nach. Gerade als das Ensemble in Fahrt kommt und die stärksten Szenen, z.B. die Einmauerung eines Akteurs mit aus dem Parkett gerissenen Klötzen, mit der größten Spielfreude entwirft, ist der kurzweilige Abend nach 70 Minuten leider auch schon wieder zu Ende.
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