So belebend kann Narkose sein

Bregenz – „Auch ich in Arkadien“ hat sich einer der Tänzer auf den Bauch gepinselt, der wie eine griechische Statue herumgeschleppt wird. Mit der Musik des Jubilars Georg Friedrich Händel, den Musikern von Franui, den Sängern und dem Gesamtkunstwerk von „Nico and the Navigators“ befindet sich auch das Publikum in einem Zauberreich barocker Phantasien. Mit ihrer Annäherung an Schubert hatten die österreichischen Musiker rund um Andreas Schett und die Berliner Truppe um Nicola Hümpel bereits vor drei Jahren begeistert, jetzt entwickelt Anaesthesia bei den Bregenzer Festspielen im Zusammenspiel von Tanz, Sprache, Schauspiel, Bühnenbild, Kostümen, Licht und natürlich Musik eine außergewöhnliche Sogwirkung. Zum 250. Todestag von Händel haben die Musiker das gemacht, was zu seiner Zeit gängige Praxis war: aus vorhandenen Arien, Duetten, Chören und Instrumentalsätzen wurde gleichsam eine neue Oper gezimmert, zu der sich jeder und jede im Publikum vermutlich eine eigene Handlung ausdenken kann. Man findet sich in einer Welt der Nymphen und Hirten und folgt einem wundersamen Reigen, indem es, natürlich, um Liebe und Begehren geht. Im Zauberwald der Gefühle Flauschige Schaffelle, üppige oder einfache Kleider, der poetische Ausdruckstanz von Yui Kawaguchi, das spielerische Miteinander von Tänzern und Sängern oder das kultiviert säuselnde Englisch von Adrian Gillott, der wie ein indischer Prinz über die Bühne von Oliver Proske wandelt, zaubern Atmosphäre in die dunkle Werkstattbühne. Theresa Dlouhy mit ihrer klaren Sopranstimme und Bariton Clemens Koelbl, der kopfüber zu singen versteht, sind ebenso in die Aktionen eingebunden wie der junge Countertenor Terry Wey mit seiner ungemein weichen Altstimme und seinen funkelnden Koloraturen. Getragen wird dieses wundersame Treiben von den so hoch musikalischen Bearbeitungen der Gruppe Franui: da mischen sich Saxophon und Blasklarinette mit den Stimmen, treffen Streicher und Blechbläser zusammen, spielen Harfe, Gitarre, Hackbrett, Kontrabass und Akkordeon den Generalbass, vereinen sich Musiker im Chor. Das alles klingt natürlich, schwungvoll oder zärtlich, öffnet die Ohren für Händels Melodien. Von ihnen haben Andreas Schett und Markus Kraler weniger die bekannten Hits ausgewählt, als vielmehr aus der Fülle der anderen Preziosen geschöpft. In der kraftvollen Musik und Bilderflut von gut 90 Minuten wirkt diese Anaesthesia narkotisierend betörend und ist mit zwei Aufführungen leider schon vorbei.

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