So geht die Welt: Unbehaglichkeiten in Musik von Nico and the Navigators

Unbehaglichkeiten: in einem geometrischen und zugleich poetischen Raum, in raffiniertem Licht, bewegt sich schwebend eine verlorene Menschheit, wenngleich die Gesten ihre Beziehungsstörungen, konfuse Unruhe und verwirrten Aggressionen aufzudecken scheinen. Die Darsteller des Ensembles Nico and the Navigators in „Wo du nicht bist“, dem Eröffnungsstück des TeatroDue-Festivals in Parma, bewegen sich genau aufeinander abgestimmt, um sich in fragmentarischen Aktionen – möglichen Geschichten, Bindungen und neuen Dimensionen – voneinander zu lösen. Der letzte Vers der „Wanderer-Phantasie“ von Franz Schubert – „Dort wo du nicht bist, dort ist das Glück“ hat dem Stück seinen Titel gegeben, und die Musik wird live auf der Bühne von einem Orchester eingespielt: Verse, Worte der Unzufriedenheit, viele Fragezeichen, Sich-Fremd-Fühlen, das uns umrauschende Leben, umherziehende Freunde, zielloses Herumirren. Das ganze Stück ein Zögern: Ängste, Zweifel, Wünsche. Gebrauchte Bücher aller Art. In einem Eimer stille stehen. Einsamkeiten. Verschiedene Sprachen. Suche nach Formen und Ordnung im Himmel. Vergessen können, um sich dem Glück anzunähern. Das Todesgefühl. Und das Liebebedürfnis. Jeder scheint nach Rezepten zu suchen, sich seiner Lehrzeit nachzuhängen, von Denkern zu schwärmen. Aber: vergeblich. Das Leben fährt fort zu entzweien, vagen Wahnsinn zu erzeugen. Die Figuren scheinen auf Lösungen in Worten oder gefühlsmäßigen Übereinkünften zu stoßen. Aber das Gleichgewicht ist ständig in Gefahr. Und selbst unterschlagenen Verzweiflungen können die Traurigkeit der Menschen lindern. Man lebt nur einmal: Ob das wohl genügt? Kaum angesprochene Erfahrungen. In einer überdies gesittet heiteren Atmosphäre. So geht die Welt: unmöglich, sie im Ganzen zu handeln, Gewissheiten für sich und andere zu erlangen, das Morgen zu erahnen. Am Lebensende sowieso ein Begräbnis? Es scheint so, doch darüber zu scherzen ist erlaubt. Die absolute Geziertheit der Gesten, die große Sorge um alles, eine Aufrichtigkeit, die die unmittelbaren Erfahrungen und die reine Theatralik filtert, und Musik, die führt, begleitet, den Augenblick des Gefühles schafft, lösen nicht, wie es scheint, das Problem der dramaturgischen Verzettelung. Dennoch der Beifall des Festivalpublikums lang und gewisslich verdient. 4 Sterne (von 5)

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