UPDATE FEATURE In Berlin wird Petrenkos reine Frauenoper von Puccini als „Triumph“ gefeiert

Der neue Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, hat sich mit einer Aufführung von Puccinis wenig bekannter Frauenoper "Suor Angelica" erneut einen Namen in der Musikszene der Stadt gemacht und damit Publikum und Kritiker gleichermaßen überzeugt.


Berlin (dpa) - Der neue Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, hat für sein erstes Opernprojekt im Rahmen des Education-Programms des Orchesters eine selten gespielte Oper ausgewählt, die im Italien des späten 17. Jahrhunderts spielt. Mehr als 100 Jahre nach der Uraufführung von Giacomo Puccinis "Suor Angelica" ist die Oper auch heute noch bemerkenswert aktuell. Die Uraufführung am Samstagabend wurde sowohl von Kritikern als auch vom Publikum begeistert aufgenommen. "Mein Gott, war das alles großartig und schön", schrieb die deutsche Wochenzeitung Der Freitag. Die Oper thematisiert nicht nur die Rolle der Frau in der Gesellschaft, sondern beleuchtet auch das Leid, das durch Vertreibung, Trennung und Flucht vor Krieg und Naturkatastrophen wie der Erderwärmung entsteht. "Im Grunde war die erste Frage für mich: Wie kann ich diese Oper in das Hier und Jetzt setzen? Was hat sie mit uns jetzt zu tun?", sagte Nicola Hümpel, die die Inszenierung der Oper am Samstag in der Berliner Philharmonie leitete. Die 1917 komponierte "Suor Angelica" war eine von drei Einaktern Puccinis und wurde im Dezember 1918 uraufgeführt, nur sechs Jahre vor seinem Tod im Alter von 65 Jahren. Im Gespräch mit der Digital Concert Hall der Philharmonie, einer Online-Plattform, die auch die "Suor Angelica"-Aufführung kostenlos im Livestream zeigt, beschrieb Petrenko die Oper als "sehr realistisch". Sie erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die sieben Jahre zuvor von ihrer Familie zur Strafe für ein uneheliches Kind in ein Kloster geschickt wurde. Heldinnen dominieren einige von Puccinis berühmtesten Opern, wie "La Boheme", "Madame Butterfly", "Tosca" und "Turandot". Aber in "Suor Angelica" hat der große italienische Opernkomponist ein Stück geschrieben, in dem Frauen die gesamte Besetzung stellen, was laut Hümpel, einer deutschen Theater- und Opernregisseurin, ungewöhnlich für eine Oper ist. Hümpel sieht Ähnlichkeiten zwischen dieser Geschichte einer Mutter, die von ihrem unehelichen Kind getrennt wird, und der Notlage von Menschen, die in der heutigen Zeit um ihre Würde kämpfen. "Weltweit werden Mütter von ihren Kindern getrennt, weil sie vor Gewalt oder Krieg fliehen", sagt Hümpel, der auch für die Kostüme der Oper verantwortlich ist. "Wir haben den Schauplatz der Oper [vom Schauplatz eines Klosters] an einen spirituellen Ort von heute verlegt, wo sich Frauen treffen, um Traumata zu verarbeiten, Meditationsübungen zu machen oder einfach ihr Leben zu optimieren", sagte sie. Die Aufführung der Oper war Teil des Education-Programms der Berliner Philharmoniker, das darauf abzielt, die Arbeit des Orchesters und seine Musik möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Das "Suor Angelica"-Team setzte sich aus 14 Nationen zusammen. Der gebürtige Russe Petrenko, der die Aufführung mit seiner gewohnten Verve dirigierte - ein Philharmoniker beschrieb sie einmal als die Energie eines Kung-Fu-Meisters -, sagte, die Oper sei "etwas Einzigartiges". Aufgeführt wurde sie von jungen Sängerinnen der Berliner Musikschulen sowie dem Chor des Vocal Heroes Choralprogramms und in Zusammenarbeit mit der Berliner Musiktheatergruppe Nico and the Navigators. Das internationale Sänger- und Musikerensemble, das die Oper aufführt, ist größtenteils unter 30 Jahre alt - und zum Teil deutlich jünger. Die führende schwedische Sopranistin Katarina Dalayman, 57 Jahre alt, spielt die einzige Erwachsenenrolle in der Oper. Ein großer Teil des Abends gehörte jedoch der amerikanischen Sopranistin Ann Toomey, die die Rolle der Angelica sang. "Petrenkos 'Suor Angelica' ist schmerzhaft ergreifend - das Streben nach der eigenen Würde in dieser giftigen Welt! Was für ein schöner und schmerzender Triumph!", twitterte der amerikanische Komponist und Chordirigent Emerson Eads. In seinem Gespräch mit Digital Concert sagte Petrenko, er glaube, dass das jugendliche Alter der Sänger dazu beigetragen habe, einen "sehr authentischen" Klang zu erzeugen, der das Gefühl von jungen Nonnen als verlorene Seelen in einem Kloster erzeuge. Er zollte auch dem Orchester der Oper Tribut, das aus jungen Musikern der Karajan-Akademie bestand. Sie wurde vor 40 Jahren vom legendären Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker, Herbert von Karajan, für Orchestermitglieder gegründet, um junge Musiker zu unterrichten. "Diese jungen Musiker nehmen alles in sich auf", sagte Petrenko, der im August letzten Jahres seine erste Saison als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker begann. Sie spielten, sagte er, "mit Feuer in ihren Augen".

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