Volksbürger
Wer kennt sie nicht aus den Fernsehnachrichten. Die blaue Wand. Die hellen Holzbuchstaben darauf, die verheißen: Bundespressekonferenz. Am langen Tresen sitzen da im Allgemeinen Vertreter von Bundesregierung, Parteien und Verbänden oder überregional politischer Bedeutung und erteilen den Journalisten vor ihnen Auskunft. Auch an diesem Abend finden sich ein paar versprengte Berichterstatter in den Stuhlreihen und hat vorn ein Politiker Platz genommen. Und es werden sogar eine ganze Reihe Pressekonferenzen gegeben. Echt aber ist an diesem Abend nur die beeindruckende Kulisse. Die blaue Wand. Die hellen Holzbuchstaben darauf, die verheißen: Bundespressekonferenz. Der Rest ist Theater. Eine Politfarce. Nur Gedankenexperiment. Hoffentlich. Herein kommt federnden Schrittes, freundlich lächelnd und höflich grüßend Dominik Arndt. Er ist direkt aus seinem Freistaat angereist, wo die Partei „Demokratische Allianz“ gerade die Wahl mit 44% der Wählerstimmen gewonnen hat. Er läuft direkt ins Mikrophon von Theo Koll – ja, er ist es wirklich, der ihn interviewt, aber kaum zu Wort kommt.
O-Ton Koll/Hinrichs
Wer’s glaubt wird natürlich selig. Der Volksbürger Arndt eilt weiter, er gibt hier schließlich gleich eine Pressekonferenz. Auf der er umgehend alle zu beeinflussen sucht, nachfragenden Journalisten das kritische Wort im Munde umdreht, es der Moderatorin permanent abschneidet und nicht müde wird, seine Vorstellungen von der zukünftigen Politik und Gangart im Freistaat zu verkünden.
O-Ton Hinrichs
Der Versprecher ist natürlich Programm und nach Wunsch und Wille von Dominik Arndt soll generell keinem Asylberechtigten der Aufenthaltstitel gewährt werden. Dies aber ist – in Stück und Realität – Bundesrecht.
O-Ton Regierungssprecherin
Jurist und Autor Maximilan Steinbeis spielt in seinem Text „Volksbürger“ durch, was in so einem Falle geschieht: Die Bundesregierung entsendet einen Bundeskommissar, der vor Ort Akten studieren und sich einen Überblick verschaffen soll. Wird ihm – wie hier im Freistaat - die Kooperation verweigert, bleibt der Bundeszwang. Der ist in Artikel 37 des Grundgesetzes beschrieben und dient der Durchsetzung von Recht und Gesetz. Bei Dominik Arndt muss sogar die Bundespolizei anrücken. Der Ministerpräsident flieht. Aber aufgeben? Niemals. Aus dem Exil – per Videoeinspieler – gibt er sich weiter siegesgewiss. Fabian Hinrichs gibt diesen unerschütterlichen wie unerträglichen Dominik Arndt als smarten Volksversteher -und verführer, der viele Tonlagen beherrscht – von herzlich bis herrisch, leise bis laut, verständnisvoll bis verstörend.
Der ambitionierte Abend hat seinen ganz großen Widerhall natürlich in der Wirklichkeit. Keine Sätze, die auf dieser (besonderen) Bühne gesprochen, keine Entwicklungen, die aufgezeigt werden, die nicht unmittelbar Realität werden könnten. Nicht nur in Thüringen.
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