Wir legen gern die Finger in die Wunden der Zeit

Etwas eben noch Heldenhaftes kippt ins Kleinmütige. Aus einer Niederlage entsteht ein Glücksmoment. Was Nico and the Navigators in langen Improvisationsprozessen erarbeiten, wirkt anekdotisch, bildstark, dadaistisch, träumerisch. Gemeinsam mit Oliver Proske gründete Nicola Hümpel 1998 Nico and the Navigators. "Wir legen gern den Finger in die Wunden der Zeit. Uns interessiert die Keimzelle der Gewalt, der Liebe, des Hasses. Dabei ist aber nicht deren große erklärende Komponente von Interesse, sondern eher wo es im ganz Kleinen beginnt. Dadurch kann es übergeordnet politisch werden oder universalthematisch etwas fassen." Navigation durch die "allgemeine Alltagsschizophrenie" So beschreibt Nicola Hümpel, künstlerische Leiterin, das Rüstzeug, mit dem ihre Performer, Sänger und Tänzer durch, so sagt sie, die "allgemeine Alltagsschizophrenie" navigieren - als fragile wie wahrhaftige Wiedergänger ihres Publikums. Wie die Frau mit der Handtasche in der Jubiläumsproduktion "Die Zukunft von gestern": Anhand ihrer Handtasche werde der Frau ihre Kindheit bewusst. "Wir erfahren eine sehr berührende Geschichte, wie sie in sehr jungen Jahren im Krankenhaus war und Sorge hatte, dass ihre Mutter sie verlässt. Diese Handtasche war immer das haltende Element in ihrem Leben. Ängste, Alibis und Irrwege stehen im Mittelpunkt Das Spiel mit Sinn und Unsinn zeichnet die vielfach preisgekrönte Truppe aus. Ängste, Alibis und Irrwege durchziehen die mehr als 20 Produktionen, die seit 1998 entstanden sind. Längst machen Nico und ihre wechselnden Navigatoren auch ganz großes Musiktheater, wie beispielsweise an der Deutschen Oper und im Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Jetzt besinnen sie sich auf ihre Ursprünge zurück. "In dieser aktuellen Produktion beschäftigen wir uns sowohl mit den eigenen Biografien als auch mit der Anhäufung der Biografien, die unserer eigenen zu Grunde liegen – sprich unserer Vorfahren und Ahnen. Und wie sich diese ganzen Erfahrungen, das Schicksal, Zufälle übereinanderschichten und was wir alles an Gepäck mitnehmen", erklärt Nicola Hümpel. Biografische Brüche Fremdheits- und Heimatgefühle haben sie schon in einem vielschichtigen Schubert-Liederabend verdichtet. Zum Jubiläum werden jetzt die eigenen biografischen Brüche zum Material wie bei der japanischen Tänzerin Yui Kawaguchi im Krisenjahr 2011. "Es gab das Fukushima-Drama. Ihr Vater starb, sie brach sich die Nase in den Proben und dabei hat sie einen ihrer schönsten Tänze entwickelt", erzählt die künstlerische Leiterin. "Dann habe ich zu ihr gesagt, wie es sein kann, dass das in dem Jahr entstanden ist. Das ist mir nie so richtig klar gewesen. Darauf sagte sie: 'Weil das der Ort war, an dem ich die ganze Hoffnung, die Kraft und den Willen zurückgeholt habe. Und es war mir wichtig, wieder aufzustehen'."

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