Zischen, blubbern, sprudeln

"Sensibles Chaos", angerichtet im Ballhaus Ost Auf der Erde gibt es 1,386 Milliarden Kubikkilometer Wasser. Das Süßwasser macht davon nur einen Bruchteil aus: etwa so viel wie ein Schnapsglas in der Badewanne. Lisa Seidel-Kukuk steht auf der Bühne des Ballhauses und fantasiert vom Wasser. Erzählt vom Regen im Juli, der sie überraschte: kein schöner Sommerregen, sondern ein "spitzer Winterregen". "Sensibles Chaos" heißt ihr Stück. Aquarien stehen, Wasserbeutel hängen herum, über die Rückwand flimmern merkwürdige Filmaufnahmen. Alte Unterwasseraufnahmen zeigen zwei Männern, immer wieder und wieder in neuen Loops aufeinander zu schwimmen, ringen, sich voneinander abstoßen. Sodann: Seidel-Kukuks Gesicht, durch ein Aquarium hindurch gefilmt. Ganz zum Schluss: ein Elefant, der unter Wasser läuft. Seidel-Kukus Mit-Performer, der Klangkünstler Christoph Illing, reibt dazu, verstärkt durch ein Mikrofon, knirschend und schabend Sand und Steine in einem Wasserglas. Er hat davor auch schon Wasser auf heiße Herdplatten tropfen lassen, wo sie aufschlugen und zischend verdampften. Hat Pulver in ein gefülltes Wasserglas gestreut, sodass es zu sprudeln begann, und viel assoziativen, elektronischen Wassersound am Notebook produziert. Es sind schöne, verrückte, poetische Szenen, die die zwei da erfinden. Etwa, wie Lisa Seidel-Kukuk in einem Aquarium durch einfaches Kippen Wellen erzeugt, die ganz langsam und ruhig von einer Seite zur anderen rollen. Wie sie ihr Gesicht unter Wasser hält, träumend und weich, und später noch einmal, als flatternder schwarzer Schwan, dem mit dem Kopf unter Wasser das Flügelschlagen vergeht. Beim Thema Wasser denkt man heute als erstes an verseuchte Meere, an all die Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Über drei Milliarden sollen es inzwischen sein. Lisa Seidel-Kukuk erzählt, zunächst, eine andere Geschichte. Fragt nach der Poesie des Wassers, nach seinem Schrecken, seiner Gewalt, nach dem Murmeln der Bäche und dem Tosen der Brandung. Aber gegen Ende streut die dritte Performerin, Ines Marita Schärer, schwarzes Pulver in ein Aquarium und Seidel-Kukuk glitscht und hüpft, zuckt und schlängelt sich über den längst gefluteten Bühnenboden, als wäre sie ein Fisch, der stirbt. Schöne, auch eindringliche Bilder gibt es - und doch steigt man nicht recht ein. Das hat mit Ines Marita Schärer zu tun, die in diesem Stück eine Art Dienerin ist. Still, bescheiden und aufmerksam sitzt sie am Rand, schüttet für Lisa Seidel-Kukuk Wasser in die Behälter, sprüht es gegen Glasscheiben, hält Postkarten in die Kamera. Einmal darf sie einen mit Wasser gefüllten Koffer über die Bühne tragen. Das ist ihr größter Auftritt. Aber alles, was auf der Bühne geschieht, steht miteinander in Beziehung und so wirkt Lisa Seidel-Kukuks Performance auch wie ein recht narzisstischer Ego-Trip.

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