POST. KAFKA

Spoken Word Performance zum 100. Todestag von Franz Kafka

in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Berlin

Franz Kafka „Brief an den Vater“ / György Kurtág „Kafka-Fragmente“

Die „Kafka-Fragmente“ von György Kurtág erheben das Bruchstückhafte, Unvollendete, das dem Werk des 1924 verstorbenen Dichters Franz Kafka eingeschrieben ist, zum gestalterischen Prinzip: In Miniaturen für Violine und Sopran zitiert der Komponist Satz- und Gedankenfetzen und formt so einen Bewusstseinsstrom, der mit seinen Strudeln und Untiefen unter der Oberfläche auch den Hörenden fasziniert und bedroht: „Es gibt kein Haben, nur ein Sein, nur ein nach letztem Atem, nach Ersticken verlangendes Sein“. 

Zum 100. Todestag des Autors von Meisterwerken wie „Der Process“ und „Amerika“ verknüpfen NICO AND THE NAVIGATORS den Zyklus von Splittern 2024 mit einem großen, abgeschlossenen Text, der in seiner Wirkung ebenfalls unvollendet geblieben ist. Kafkas „Brief an den Vater“, diese quälende und erhellende Reflexion über die Ursache des eigenen Denkens und Schreibens, wurde bekanntlich nie an den Empfänger abgesandt. Und doch ist darin immer der übergroße, dominante Adressat gemeint: „Mein Schreiben handelt von Dir, ich klagte dort ja nur, was ich an deiner Brust nicht klagen konnte.“ In Kombination mit den Fragmenten, die der 1926 geborene Kurtág zu einem Mosaik zusammengefügt hat, ergibt sich daraus eine existenzielle – und über die Person des Verfassers hinausweisende Selbstbefragung. Der „Brief an den Vater“ kann auch als erschütterndes Dokument einer „Letzten Generation“ gelesen werden – eines Sohnes, der selbst keine Nachkommen hinterlassen und testamentarisch die Vernichtung seines Lebenswerkes verfügt hat. 

Dass diesem Wunsch nicht entsprochen wurde und dass auch die Abrechnung mit dem eigenen Erzeuger posthum erschienen ist, erlaubt nun eine Inszenierung aus Musik, Gesang und Sprache in Kombination mit Projektion und Bewegung – eine Fortschreibung der Methode, die Nico and the Navigators in in ihrer Auseinandersetzung mit T. S. Eliots „The Waste Land“ erstmals erfolgreich erprobt haben. 

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Termine

Pressestimmen

Georg Pepl / Hessische Allgemeine / Kassel

Wie Herdís Anna Jónasdóttir (Sopran), Elfa Rún Kristinsdóttir (Violine) und Annedore Kleist (Darstellerin) Kurtágs Fragmente und den Brief miteinander verbanden, war fulminant.

Die drei in hellbraune Uniformen gekleideten Akteurinnen erfüllten ihren Part jeweils mit Bravour und agierten doch gemeinsam. Jede Nuance, jede Geste, jeder Blick, jede Bewegung und Konstellation war ausgefeilter Teil einer tastenden bis exaltierten Performance, die im besten Sinne sperrig wirkte.

Georg Pepl / Hessische Allgemeine / Kassel

Nico and the Navigators mit Kafka-Projekt bei den Kasseler Musiktagen

 

Franz Kafka (1883-1924) ist für viele „der“ Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Sogar ein Adjektiv ist nach ihm benannt. Kafkaesk wird es zum Beispiel, wenn sich der Mensch undurchschaubaren Machtapparaten ausgeliefert fühlt - eine sehr moderne Erfahrung. Kafka wirkt bis heute nach. Das gilt auch für die Musik, obwohl er sich selbst als unmusikalisch bezeichnete. Ein faszinierendes Zeugnis seines Nachlebens präsentierten am Samstag die Kasseler Musiktage.

In der UK14 fesselte das Stück „Post. Kafka“ des freien Berliner Theaterensembles Nico and the Navigators. Zwei Werke bildeten die Grundlage für die Spoken-Word-Performance zum 100. Todestag des Autors. Zum einen die 1987 uraufgeführten Kafka-Fragmente für Sopran und Violine von György Kurtág.

In diesem herausragenden Beispiel musikalischer Kafka- Rezeption verwandelt der ungarische Komponist kurze Notizen Kafkas in ein Mosaik verdichteten Ausdrucks, in Lieddramen auf engstem Raum. Die zweite Zutat war Kafkas Brief an den Vater“, geschrieben 1919, nie dem Adressaten zugestellt, eine Steilvorlage für psychologische Tiefenbohrungen und Freud‘sche Analysen. Es geht um die Angst vor dem übermächtigen Vater, um das „Gefühl der Nichtigkeit“, das den armen Sohn oft beherrscht.

Wie Herdís Anna Jónasdóttir (Sopran), Elfa Rún Kristinsdóttir (Violine) und Annedore Kleist (Darstellerin) Kurtágs Fragmente und den Brief miteinander verbanden, war fulminant.

Die drei in hellbraune Uniformen gekleideten Akteurinnen erfüllten ihren Part jeweils mit Bravour und agierten doch gemeinsam. Jede Nuance, jede Geste, jeder Blick, jede Bewegung und Konstellation war ausgefeilter Teil einer tastenden bis exaltierten Performance, die im besten Sinne sperrig wirkte.

Hohe Präzision zeichnete das Projekt von Nicola Hümpel (Künstlerische Leitung, Kostüm), Oliver Proske (Technische Leitung), Andreas Hillger (Dramaturgie) und Orli Baruch

(Regieassistenz, Kostüm) aus. Die rund 60 Gäste, die am Ende viel Beifall spendeten, erlebten nicht nur eine bei aller Sparsamkeit starke Ästhetik, sondern auch viele denkwürdige Kafka-Sätze wie: „Verstecke sind unzählige, Rettung nur eine, aber Möglichkeiten der Rettung wieder so viele wie Verstecke.“

Eine Produktion von Nico and the Navigators, gefördert von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt.

In Koproduktion mit dem Literaturhaus Berlin. In Kooperation mit den Kasseler Musiktagen und dem Kultur Büro Elisabeth.

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