Force & Freedom

Ein Beethoven-Projekt: Zum 250. Geburtstag des Komponisten hinterfragen Nico and the Navigators und das Kuss Quartett die ästhetischen und politischen Zwänge und Freiheiten, in denen Beethovens Werk entstand.

„Alle meine Noten bringen mich nicht aus den Nöten, und ich schreibe Noten überhaupt nur aus Nöten.“ Ludwig van Beethoven 

Was bedeutet es, sich Ludwig van Beethovens letzte Werke heute mit allen Sinnen anzueignen? Wie viel Mut braucht man, um sich einzulassen auf das Wechselbad der Gefühle, auf Schmerz und Verlust, Sehnsucht und Liebe, Wut und Hoffnung? Und wie haben sich diese Empfindungen im Jetzt und Hier verändert? Wie verhalten sie sich zu unseren aktuellen Erfahrungen? 

Mit den Werken Opus 59, Nr. 3 Finale, Dankgesang, Opus 135 sowie der Großen Fuge haben sich Nico and the Navigators gemeinsam mit dem Kuss Quartett zum 250. Geburtstag des Komponisten auf eine Spurensuche begeben – von den historischen Quellen bis in die eigene Gegenwart. 

Dabei wurde die Arbeit, deren Titel „Force & Freedom“ das aus der Fuge entlehnte Motto „tantôt libre, tantôt recherchée“ („teils frei, teils streng“) variiert, bereits kurz nach Beginn der Proben von einer radikalen Veränderung der Wirklichkeit überschattet: Durch die Corona-Pandemie musste nicht nur die Uraufführung bei den Schwetzinger Festspielen für 2020 abgesagt werden, auch die gemeinsame Arbeit der Ensembles war auf absehbare Zeit undenkbar. Plötzlich wurden die Worte Zwang und Freiheit, die ursprünglich vor allem die Koordinaten im Leben Beethovens umreißen sollten, zur unmittelbaren Erfahrung für alle Beteiligten.

Aus dieser Not haben Nico and the Navigators gemeinsam mit dem Kuss Quartett eine Tugend gemacht, indem sie der drohenden Resignation mit kleinen Nachrichten aus der gemeinsamen Gegenwart in der Vereinzelung begegneten. So entstand – im digitalen Raum – ein Krisen-Tagebuch, das sich am Ende zu einem Memory-Spiel als bleibende Erinnerung zusammenfügte:

https://tagebuch.navigators.de/

Später konnte mit EuroArts in Koproduktion mit ZDF/Arte eine Film-Fassung erarbeitet werden, die erfolgreich im Fernsehen ausgestrahlt, in der Mediathek präsentiert und für den Opus Klassik nominiert wurde. Dass diese virtuellen Begegnungen keinen vollwertigen Ersatz für den direkten künstlerischen Austausch bieten konnten, war allen Beteiligten natürlich schmerzlich bewusst. Aber ein Beispiel für Einsicht in die Notwendigkeit lieferte in dieser Krisensituation ausgerechnet Beethovens Streichquartett Opus 135. Im vierten Satz finden sich unter dem Titel „Der schwer gefasste Entschluss“ dort zwei Motti, die einzelne Teile als Spiel zwischen Auflehnung und Ergebung kennzeichnen: Grave, ma non troppo tratto („Muss es sein?“) und Allegro („Es muss sein!“). 

Diese Mischung aus Zweifel und Selbstbehauptung muss nun auch bei den Aufführungen von „Force & Freedom“ mitgedacht werden – nicht nur mit Blick auf Beethoven, sondern auch als Spannungsfeld, in dem sich unsere eigene, gegenwärtige Gesellschaft immer neu zu orientieren hat. 

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Trailer Force & Freedom

Pressestimmen

Uwe Rauschelbach / Die Rheinpfalz - Ludwigshafener Rundschau

„Wenn die Überlieferungen auch durchaus ein ungefähres Bild davon liefern, wie und wer dieser Beethoven gewesen sein mochte, so scheinen das Fragmentarische und Assoziative doch die geeignetsten Mittel zu sein, sich dem vertrauten Fremden anzunähern. […] 

Yui Kawaguchi vom Ensemble Nico and the Navigators verleiht den Reflexionen, die um Beethoven und seine Zeit kreisen, jene Tiefendimension, die das Bewusstsein nicht erfassen kann. Die ausdrucksstarken und nicht selten akrobatischen Choreografien der japanischen Tänzerin deuten die Musik Beethovens in einer Weise aus, als wäre sie ein Spiegel seelischer Verhältnisse. […] Ist der Mensch ein Nichts oder ein Alles? […]“

Uwe Rauschelbach / Die Rheinpfalz - Ludwigshafener Rundschau

„Das szenische Beethoven-Projekt in Schwetzingen


Mit dem Zusammenhang von Werk und Leben von Ludwig van Beethoven beschäftigen sich das Ensemble Nico and the Navigators und das Kuss Quartett. Jetzt wurde ihre Produktion aus Musik, Tanz und szenischer Darstellung bei den Schwetzinger Festspielen uraufgeführt.


Der Titel „Force & Freedom“ - Kraft und Freiheit - reißt, in Anspielung an Tolstois „Krieg und Frieden“, bereits die Spannung auf, die sich im Werk und Leben Beethovens zeigt. Doch wer weiß das, 245 Jahre nach dem Tod dieses Giganten und Menschen, schon so genau? Eine eindeutige Erzählung verbietet sich aus Respekt vor dem zeitlichen Ábstand. Wenn die Überlieferungen auch durchaus ein ungefähres Bild davon liefern, wie und wer dieser Beethoven gewesen sein mochte, so scheinen das Fragmentarische und Assoziative doch die geeignetsten Mittel zu sein, sich dem vertrauten Fremden anzunähern.


Und natürlich ist es zuallererst die Musik, die für den bürgt, von dem sie stammt. Das Berliner Kuss Quartett mit Jana Kuss und Oliver Wille (beide Violine) sowie William Coleman (Viola)

Eingebunden in das szenische Bühnengeschehen (Regie: Nicola Hümpel) entfaltet sich dabei auch das gestische Potenzial dieser Musik. [...] 

Yui Kawaguchi vom Ensemble Nico and the Navigators verleiht den Reflexionen, die um Beethoven und seine Zeit kreisen, jene Tiefendimension, die das Bewusstsein nicht erfassen kann. Die ausdrucksstarken und nicht selten akrobatischen Choreografien der japanischen Tänzerin deuten die Musik Beethovens in einer Weise aus, als wäre sie ein Spiegel seelischer Verhältnisse. [...] Ist der Mensch ein Nichts oder ein Alles? [...]"

Dr. Janine Ak / Schwetzinger Zeitung

„Das Kuss-Quartett, eines der renommiertesten Kammermusik-Ensembles, und Nico and the Navigators, eine der wichtigsten freien Musiktheater-Kollektive aus Berlin, nehmen sich innerhalb der SWR Festspiele zusammen Beethovens später Werke an. Dabei muss man nicht befürchten, dass die Musik durch die Akteure der freien Gruppe oberflächlich bebildert wird. Vielmehr „verhalten“ die Darsteller sich zur Musik wie zu einem Partner auf Augenhöhe. […] „Für mich war es überraschend, wie aufrichtig menschlich und anrührend diese Werke jenseits landläufigen Titanen-Klischees sind. Manche Passagen hört man heute ganz anders als vor zwei Jahren – und denkt angesichts äußerer Zwänge dabei neu über innere Freiheit nach. / Nicola Hümpel […]“

Dr. Janine Ak / Schwetzinger Zeitung

„Das Kuss-Quartett, eines der renommiertesten Kammermusik-Ensembles, und Nico and the Navigators, eine der wichtigsten freien Musiktheater-Kollektive aus Berlin, nehmen sich innerhalb der SWR Festspiele zusammen Beethovens später Werke an. Dabei muss man nicht befürchten, dass die Musik durch die Akteure der freien Gruppe oberflächlich bebildert wird. Vielmehr „verhalten“ die Darsteller sich zur Musik wie zu einem Partner auf Augenhöhe. Regisseurin Nicola Hümpel, die das Theaterkollektiv 1998 gegründet hat, hat diese Art der inszenierten Konzerte erfunden und zu ihrem Markenzeichen gemacht. Tanz, Bewegung und Videos sind Elemente, die ihre Arbeiten auszeichnen. Klassisch ausgebildete Musiker, die sich auf eine Zusammenarbeit mit Hümpel einlassen, verlassen dabei den vertrauten Boden des Konzertpodiums: Auch sie bewegen sich frei auf der Bühne und müssen die Werke somit auswendig spielen. […]

Aber auch die Regisseurin begegnet in der intensiven Auseinandersetzung mit der Musik den Komponisten immer wieder neu. So wie aktuell dem späten Beethoven: „Für mich war es überraschend, wie aufrichtig menschlich und anrührend diese Werke jenseits landläufigen Titanen-Klischees sind. Manche Passagen hört man heute ganz anders als vor zwei Jahren – und denkt angesichts äußerer Zwänge dabei neu über innere Freiheit nach.[…]“

Dirk Wieschollek / Neue Musikzeitung (NMZ)

„Eine filmisch-szenische Spurensuche, die in der Poesie minimalistischer Abstrahierung und Andeutung immer wieder auch Zeichen pandemischer Gegenwart einbaut … ein allemal eloquenter Zugriff auf eine Musik, die von geradezu „heiligem“ Ernst überschattet ist, ohne ihr Gewalt anzutun … So intensiv hat man Beethovens späte Quartette jedenfalls lang nicht mehr gehört.“

Dirk Wieschollek / Neue Musikzeitung (NMZ)

Video on demand via ARTE Nico and the Navigators haben zu den Leuchttürmen der abendländischen Musikgeschichte einen ausgewiesenermaßen guten Draht. Gegenstand ihrer spezifisch musikpoetischen Mischungen aus Theater, Tanz und Konzert waren u. a. bereits Bach, Schubert und Mahler. Es lag nahe, diese Tradition 2020 fortzuschreiben und sich dem Bonner Meister freiheitlicher Musikkunstausübung und seinem 250. Geburtstag zu widmen – wie 99,9% aller Kulturschaffenden. Hierzu versicherte man sich der glänzenden musikalischen Fähigkeiten des Kuss Quartetts, um mit ihnen in der Navigators-vertrauten Allianz von Klang und Bewegung, Ernst und Spiel die berüchtigten späten Streichquartette theatralisch zu umkreisen (und einige Lieder). Nach der abgesagten Bühnen-Premiere und coronabedingten Umstrukturierungen wurde ein „Staged Concert“ entworfen, das am 21. Dezember erstmals im Radialsystem realisiert wurde und noch einen Monat lang auf Arte abgerufen werden kann. Unter dem (gerade besonders virulenten) Spannungsverhältnis von Zwang und Freiheit klopfte man Ausschnitte aus den Quartetten op. 132, op. 135 und selbstredend der visionären „Großen Fuge“ unter der bewährten Regie von Nicola Hümpel auf ihre existentiellen Potentiale hin ab; eine filmisch-szenische Spurensuche, die in der Poesie minimalistischer Abstrahierung und Andeutung immer wieder auch Zeichen pandemischer Gegenwart einbaut. Da kommt es zu hinreißenden Choreographien von Tänzerin Yui Kawaguchi, liebenswert melancholischen Lied-Adaptionen von Ted Schmitz oder dem Einbau Beethovenschen Wort- und Gedankengutes durch Schauspieler Patrick Schott. Das alles ist zwar diesmal nicht ganz so vielschichtig und traurig-komisch wie man es von den Navigators gewohnt ist, aber ein allemal eloquenter Zugriff auf eine Musik, die von geradezu „heiligem“ Ernst überschattet ist, ohne ihr Gewalt anzutun. Eigentlicher Hauptdarsteller ist nämlich das in allen szenischen Lebenslagen erstaunlich treffsichere Kuss Quartett. So intensiv hat man Beethovens späte Quartette jedenfalls lang nicht mehr gehört…

Matthias Nöther / Deutschlandfunk Musikjournal

„Auch in dieser Spätphase geht es noch um diese klassizistischen Gegensätze, die Beethoven sehr fein und unendlich ausdifferenziert hat. Und das nutzt jetzt dieses Theaterkollektiv, um das Hören mit szenischen Mitteln sichtbar zu machen … ein ganz vielschichtiges und vielseitig zu deutendes Bild, aber immer auf Beethoven bezogen und das ist schon stark!“

Matthias Nöther / Deutschlandfunk Musikjournal

Genau jetzt, zu dieser Stunde wird erstmals ein Film online gestellt, rund um den großen Jubilar dieses Jahres, Ludwig van Beethoven. „Force & Freedom“ – Beethoven zwischen Zwang und Freiheit, so lautet der Titel. Und es geht um Erfahrungen von damals und im Hier und Heute. Die Uraufführung war für die Schwetzinger Festspiele 2020 geplant, musste aber abgesagt werden. Zwang und Freiheit wurden so zur unmittelbaren Erfahrung für alle Beteiligten. Matthias Nöther hat heute Nachmittag schon Gelegenheit gehabt in den Film reinzuschauen. Jetzt ist er mir zugeschaltet. Guten Abend Herr Nöther! Matthias Nöther: Guten Abend, Herr Vratz. Christoph Vratz: Ja, war das jetzt, nachdem der eigentliche Geburts- und Tauftag Beethovens ja verstrichen ist, nochmal eine echte Sternstunde? Dieser Film in dem im Grunde ja wirklich nicht reibungslosen Beethoven-Jahr. MN: Ja, das Beethoven-Jahr war ja deswegen nicht reibungslos, weil wir die Corona-Pandemie hatten. Mit Beethoven selbst hatte das ja weniger zu tun. Dieser Zustand beschäftigt die ganze Gesellschaft und es wäre schon komisch, wenn man annehmen würde, dass das ein aktuell arbeitendes Theaterkollektiv wie Nico and the Navigators, nicht beschäftigen würde. Zumal dieses Motto „Zwischen Zwang und Freiheit“ – der Titel der Produktion – durchaus auch auf Corona anzuwenden ist und nicht nur auf Beethoven. Also Zwänge haben wir wirklich alle genug gehabt dieses Jahr. Und einige meinen sie hätten dadurch auch neue Freiheiten gewonnen; längst nicht alle natürlich. Also: Gab es diesen Bezug zu Corona ist die Frage? Das muss man klar bejahen. Es gab diesen Bezug in dieser neuen Filmproduktion von Nico and the Navigators und das kann man ganz gut nachvollziehen, an einem von drei Liedern, die in diesem sonst von Streichquartettklängen bestimmten Abend, auch gespielt wurden. Das Lied heißt „Resignation“ von Beethoven, ist aus dem Jahr 1814 und da können wir mal kurz reinhören. Da singt der Tenor Ted Schmitz. - Ted Schmitz – „Resignation“ MN: Ja, man muss hier vorausschicken, dass es bei diesem auch von Darstellern getragenen Abend eine Vorrede von diesem Tenor gibt zu diesem Lied, wo er sehr provokant fragt, es gäbe doch so viele Wege sich zu verströmen. Wie diese Flamme, von der im Lied die Rede ist. Heutzutage gäbe es da digitale Wege. Also wenn die Flamme an einem Ort keinen Sauerstoff mehr hat, dann kann sie sich ja verströmen und in andere Richtungen gehen. Und so könnte der digitale Nomade von heute doch auch – so sagt er ganz arrogant - überall hingehen und überall sein Licht brennen lassen. Und da muss man ganz klar sagen, und das wird dadurch, dass es ein bisschen negativ aufgeladen wird und Widerspruch hervorruft, diese Rede des Tenors, da muss man sagen, das gilt ja nicht für alle Menschen. Viele haben ja auch das Bedürfnis Leute von Angesicht zu Angesicht zu treffen, menschliche Berührungen zu spüren. Und dieser arrogante Gestus ist natürlich auch der Gestus eines Beethoven gewesen, der meinte er hätte das alles nicht nötig. Und dem tritt doch Nico and the Navigators sehr entgegen. Und das ist z.B. ein Augenblick, wo Corona als gesellschaftlicher Missstand oder Zustand sehr präsent ist und trotzdem diese Beziehung zu Beethoven aufgebaut wird. HF: Nun ist auch das Kuss Quartett involviert und spielt – überwiegend – sagen wir mal, Werke aus der Spätphase Beethovens. Das sind ja doch relativ sperrige Stücke, die vielen Hörern auch immer wieder Rätsel aufgegeben haben und es auch immer noch tun. Die haben ja mit dem Beethoven der mittleren oder frühen Phase wenig zu tun oder nur bedingt. Wie ist dieses Programm des Films gestaltet? Ist diese Spätphase isoliert, eine abgeschnittene Episode oder ist das doch irgendwie mit direktem Bezug als erwachsen aus der mittleren Phase sichtbar? MN: Es ist tatsächlich so, dass auch ein Rasumowsky-Quartett – ein Satz daraus - gespielt wird. Also dieses ganz symphonische Große, was im Spätwerk dann ja nicht mehr da ist. Aber man muss auch sagen, dass die Spätwerke ja durchaus auch leichte Züge haben. Es ist nicht alles immer schwer und kompliziert. Zumindest klingt nicht immer alles kompliziert. Auch in dieser Spätphase geht es noch um diese klassizistischen Gegensätze, die Beethoven einfach nur sehr fein und unendlich ausdifferenziert hat. Und das nutzt jetzt dieses Theaterkollektiv, um das sichtbar zu machen, szenisch auch sichtbar zu machen und da teilweise dem Hörer auch einfach gar keine großen Botschaften zu vermitteln, sondern einfach das Hören mit szenischen Mitteln sichtbar zu machen. Diese Tänzerin, die immer bei Nico dabei ist, Yui Kawaguchi, die doch sehr viel diesen Zwang und diesen Freiheits-Gegensatz in den Stücken sichtbar macht, durch ganz ganz starke, kräftige Armbewegungen, und ganz weiche Bewegungen der Arme. Der Arm, die Hand, als Symbol dafür, alles fest im Griff zu haben. Ein anderes szenisches Mittel, was omnipräsent ist, ist die Wippe, also eine blaue Wippe, die in der ansonsten schwarzen Bühnenlandschaft steht. Diese Wippe als Gegensatz zwischen Zwang und Freiheit, das gibt teilweise unglaublich starke Bilder, wenn dann ein Metronom auf dieser Wippe aufgestellt wird, ein Instrument, das auch Zwang in der Musik ausdrückt, aber dann auch zur Freiheit befähigen soll. Dieses Metronom fällt dann, wenn diese Wippe irgendwann wippt, herunter. Das ist natürlich ein ganz vielschichtiges und vielseitig zu deutendes Bild, aber immer auf Beethoven bezogen und das ist schon stark! Teilweise wirklich große Botschaften an diesem Abend, aber teilweise auch, dass man dem Hörer etwas zum Sehen als Hilfsmittel an die Hand gibt. HF: Zum Schluss die Frage: an wen richtet sich denn dieser Film, an Beethoven-Kenner oder ist das etwas für jedermann, der diese Vorgeschichte, so wie sie sie gerade beschrieben haben, gar nicht kennt. MN: Also, man muss eigentlich nicht mehr sein als affin zu klassischer Musik, mit dem Gesten-Kanon so ein bisschen vertraut sein und vielleicht sollte man auch eine gewissen Affinität zu Musik-Theater und Theater haben. Das ist ja das wo Nico and the Navigators herkommen. Sie gehen schon sehr lange mit solchen Staged Concerts um, also solche Konzerte, die auf die Bühne gekommen sind und kein Musiktheater sind und haben da auch eine Menge Erfahrung. Man muss also keine großen Codes entschlüsseln können, wie ich das hier angerissen habe, das muss man nicht. Man muss aber schon, oder man sollte bereit sein, einen ganz stringenten dramaturgischen Gedanken, wie er hier gezeigt wird, mit einer konsequenten Ausformulierung von Zwang und Freiheit, etwas abgewinnen können.

Frauke Thiele / RBB

„Musik und Theater und Tanz und Performance, die Bühnenwerke von Nico and the Navigators sind in der Regel bildsatte und denkraumöffnende Produktionen, in denen das alles ineinanderfließt. Man staunt und guckt sich schlau.“

Frauke Thiele / RBB

Musik und Theater und Tanz und Performance, die Bühnenwerke von Nico and the Navigators sind in der Regel bildsatte und denkraumöffnende Produktionen, in denen das alles ineinanderfließt. Man staunt und guckt sich schlau. Natürlich wollte auch Nicola Hümpel sich mit ihrer Kompanie in den Gedenkprozess zu Ludwig van Beethovens 250. Geburtstag einschalten – aber, nun ja, es kam alles anders in diesem Jahr. „Force & Freedom“ heißt die Projektidee mit dem Kuss Quartett. Äußere Zwänge und innere Freiheiten bei Beethoven: das war das Motto, was nun unfreiwillig auch zum Corona-Jahr passt. Die Premiere und Vorstellungen im Berliner radialsystem fallen aus; aber aus dem Bühnenprojekt wurde jetzt ein Film, der heute Abend bei ARTE Concert zu sehen sein wird. Frauke Thiele war bei den Dreharbeiten dabei. FT: Im Großen Saal gibt es gar keine Zuschauerplätze. Stattdessen steht da ein großes Podest mit Bildschirmen, Mischpulten und Kabeln. Unglaubliche Konzentration und auch Euphorie ist zu spüren. Zusammenarbeiten. Endlich. Kamera, Licht, Bühne, Kostüm, Regie, usw. Alle tragen FFP2-Masken; außer die Künstler auf der Bühne. Getestet sind alle – jeden Tag auf’s Neue – bloß kein Risiko. NH: „Das hätten wir uns nicht vorstellen können, wie heftig es noch alles kommen würde und wie eklatant auch für die Künstlerszene diese Pandemie als Konsequenz ist. Deshalb ist natürlich dieses Stück wahnsinnig existenziell für uns. Denn Beethoven hatte auch diese schreckliche Situation in Zwängen sich zu befinden, was seine Taubheit betraf; obwohl er die Geselligkeit geliebt hat. Dieses von Menschen entzogen sein und die Kunst nicht gemeinsam zu teilen, das ist schrecklich und das wissen wir natürlich nun auch an erster Stelle. FT: Nicola Hümpel ist Regisseurin und der Kopf von Nico and the Navigators. Sie führt zum ersten Mal Regie beim Film. Damit alles klappt hat sie eine erfahrene Kollegin dazu geholt. Tagelang haben sie in Videokonferenzen darüber gebrütet, wie sie so kurzfristig das szenische Beethoven-Konzert „Force & Freedom“ in eine Filmsprache bringen können. Die vier Musiker*innen vom Kuss Quartett und die Tänzerin Yui Kawaguchi setzen heute den ersten und zweiten Satz von Beethovens Streichquartett Opus 135 um – sein letztes Werk. Mehrmals hintereinander, jede Szene, spielen sie für die Kamera. Solange bis es passt. Fast wie bei einer CD-Produktion. Oliver Wille vom Kuss Quartett: „Was neu ist: Dass wir auch gesehen werden. Und dass das, was wir uns überlegt haben an zwischenmenschlichen Aktionen, dass die wirklich jedes Mal, genauso wie das instrumentaltechnische, möglichst aufnahmereif gespielt werden müssen. Die Musiker sitzen barfuß auf einer Art liegendem Halbmond, später stehen sie auch drauf, wie auf einer Wippe. Die Tänzerin Yui Kawaguchi stelzt in den Saal, dann windet sie sich die Arme, wie hinter dem Rücken gefesselt. Plötzlich, ein kokettes Winken in Richtung Musiker. Bewegungen wechseln wie Gefühlszustände unaufhörlich, wie in der Musik von Beethoven. OW: Wenn wir ohne Yui spielen, haben wir jetzt immer Yui im Kopf und spielen dieses Werk seitdem sprechender, auch noch rhetorischer. Was dieser Musik unglaublich zugute kommt. FT: Nicola Hümpel sitzt vor dem Saal vor großen Bildschirmen mit unterschiedlichen Kamera-Einstellungen. Sie gibt die Anweisungen für die Kamera am Kran durch’s Mikrofon. Die Kamera am Kran verfolgt die Tänzerin in Nahaufnahme, während sie um die Musiker herumschleicht und zwischen ihnen plötzlich nach vorne springt und am Boden breakdance-ähnlich um ihre eigenen Hände kreist. NH: Wir versuchen die Musik aktuell hörbarer zu machen. Mit dem nötigen Spaß, aber auch mit der nötigen abgründigen Tiefe. Und das Experiment ist natürlich immer zu versuchen es nicht zu bebildern, sondern einen Dialog zwischen Körper und Musikern herzustellen. Und auch die Musiker bewegen sich ja frei, spielen auswendig, was bei diesen wahnsinnig schweren Werken alles andere, als einfach ist. Aber dadurch lebt es anders und greift Raum im 21. Jahrhundert. FT: Die Kameras halten alles fest. Die nackten Füße vom Kuss Quartett. Die Tänzerin, die ihre Qual lautlos hinausschreit. Die Musiker, die schließlich auf dem Halbmond wippen, während sie spielen. Alles Beethoven. Morgen werden neben der Tänzerin auch ein Darsteller und ein Sänger dazukommen – Wortzitate von Beethoven, auch kleine Liedfragmente, live und von der Videoleinwand, E-Gitarre – ganz dezent. NH: Also wir wollen ihn (Beethoven) ja nicht verhiphoppen. Aber wir dürfen ihn auch einfach mal im Heute denken, auch in ganz aktuellen Gefühlen und einer zeitgemäßen Ästhetik. OW: Das ist die große Kunst, die diese Komponisten verstanden haben – und Beethoven ganz besonders. Die sind so stark in sich, von ihrer Natur aus, dass sie alles was Mensch sein bedeutet, eigentlich verkörpern.

Berliner Morgenpost

„In jedem Fall ist die außergewöhnliche Musiktheaterproduktion „Force & Freedom“ im Fernsehen zu erleben … Dabei begeben sie sich auf eine Spurensuche zur Rezeptionsgeschichte, die mit historischen Quellen beginnt und schließlich in die Gegenwart führt.“

Berliner Morgenpost

Das Treffen der Ministerpräsidenten Ende November entscheidet darüber, ob im Dezember wieder die Theater spielen und somit Nico & The Navigators ihre Beethoven-Hommage live im Radialsystem aufführen dürfen. In jedem Fall ist die außergewöhnliche Musiktheaterproduktion „Force & Freedom“ im Fernsehen zu erleben. Der Titel bedeutet auf Deutsch „Freiheit und Zwang“ – die Begriffe kennzeichnen die Pole, zwischen denen sich Ludwig van Beethoven bewege. Gerade seine späteren Werke sprengen die damaligen Musik-Konventionen. Nico & The Navigators sowie das Kuss Quartett setzen sich in ihrem in Schwetzingen uraufgeführten Musiktheaterstück mit Beethovens richtungsweisender Kammermusik auseinander. Dabei begeben sie sich auf eine Spurensuche zur Rezeptionsgeschichte, die mit historischen Quellen beginnt und schließlich in die Gegenwart führt. Ab Mo, 21.12, 20 Uhr, Arte

Gerhard Tetzlaff / Die Rheinpfalz

„Dieses digitale Tagebuch kann und soll das Verlorene nicht ersetzen, ist auch so etwas wie eine künstlerische Trauerarbeit mit vielen Facetten.“

Gerhard Tetzlaff / Die Rheinpfalz

„Nico and the Navigators" und das Kuss-Quartett haben ihr Schwetzinger Beethoven-Projekt ins Netz verlegt


Die erste Zusammenarbeit war „Muss es sein“ 2018. „Force & Freedom" sollte jetzt als „Staged Concert" nach dem Willen der Beteiligten die „Musik in das Spannungsfeld zwischen äußeren Zwängen und innerer Freiheit“ stellen, in dem sich „Beethoven zeitlebens bewegen und behaupten musste". Entstehen sollte ein Dialog zwischen Tanz, Bewegung und Licht. Beethoven spielen sollte das Kuss-Quartett, das gerade dessen Streichquartette bei Rubikon Classics in einer CD-Produktion vorgestellt hat. Zu „Force & Freedom“ sollte unter anderem Beethovens Streichquartett op. 135 erklingen. „Es muss sein", das Beethoven über einen Satz daraus schrieb, sollte für die Performer einen wichtigen Ankerpunkt liefern. Autonomie und Zwang hätten die beiden Pole der Uraufführung sein sollen, bei der auch das Kuss Quartetts szenisch eingebunden gewesen wären. Digitales Krisentagebuch Die Corona Krise hat das Projekt wie die kompletten Festspiele verhindert, 2021 soll die Uraufführung nachgeholt werden. Nun haben „Nico and the Navigators" auf die Situation künstlerisch mit einem digitalen Krisentagebuch reagiert, das aus 29 Video-Clips besteht, die die persönlichen Befindlichkeiten der isolierten Mitglieder, ihre Auseinandersetzung mit der bedrückenden Situation, zugleich auch Beethovens Musik zeigt. Die Gruppe wurden 1998 von Nicola Hümpel und Oliver Proske am Dessauer Bauhaus gegründet. Bis 2006 waren sie „artists in residence" in den Berliner Sophiensälen. Mit „Eggs on Earth“ wurde die Truppe 2000 für das Berliner Theatertreffen nominiert und schaffte den internationalen Durchbruch. 2006 begann die Auseinandersetzung mit dem Musiktheater mit Projekten nach Schubert, Händel, Bach, Purcell, Rossini und Mahler, 2014 wurde mit dem Komponisten Detlev Glanert „Die Befristeten“ für die Münchner Biennale konzipiert. Philipp Boesmans „Reigen“ folgte für die Stuttgarter Staatsoper. Den sich inzwischen etwas lockernden Zwang zur Vereinzelung begegneten sie den April über mit ihrem Internetprojekt, das teilweise auf den Vorarbeiten zu „Force & Freedom" basiert. In gegensätzlichen Videoclips wird die Fragestellung des Bühnenprojekts mit der aktuellen, durch die Zwangsmaßnahmen der Corona-Krise sich stellenden Situation in Verbindung gebracht, reflektiert und künstlerisch kommentiert. „Frei und ungebunden" Die nicht mehr mögliche Interaktion mit den Partnern und dem Publikum soll so verarbeitet werden, die Sehnsucht, nach dem was durch die Krise verloren gegangen ist, das gemeinsame Erleben und Reagieren, kommentiert und akzentuiert werden. Das Motto der ersten Druckausgabe von Beethovens „Große Fuge“: „tantôt libre tantôt recherchée" („frei und gebunden") bekommt so ungewollt eine ganz aktuelle Bedeutung für die Musiktheater-Gruppe aus Berlin. Für die Video-Clips bildet die schon angesprochene Gesamteinspielung der Beethoven-Quartette des Kuss-Quartetts die inspirierende musikalische Grundlage. Dieses digitale Tagebuch kann und soll das Verlorene nicht ersetzen, ist auch so etwas wie eine künstlerische Trauerarbeit mit vielen Facetten. Am Ende dieses Internet-Video-Projekts steht nun ein außergewöhnliches Memory-Spiel, dessen Teile aus einer Auswahl der insgesamt 29 Clips zusammengefügt werden müssen. Freiheit und Zwang (der Regeln) verweisen einmal mehr auf die Grundkonstante des jetzt für 2021 geplanten Projekts „Force & Freedom“.

Jesper Klein / Rondo

„Tagebuch trifft Memory … Ein erfrischendes Videoprojekt in Zeiten der Streamingflut“

Jesper Klein / Rondo

Konzeptprogramme mit rotem Faden – das ist das Markenzeichen des Kuss Quartetts. Die jüngste Idee: Ein Genregrenzen überschreitendes Beethoven-Programm, das im Spannungsfeld zwischen äußeren Zwängen und innerer Freiheit forscht, den Gegensatz zwischen Wunsch und Wirklichkeit ergründend, in dem sich der Komponist zeit seines Lebens bewegte. An die Seite des Streichquartetts tritt hierfür das Berliner Musiktheater-Ensemble „Nico and the Navigators“, mit dem das Quartett schon für sein Projekt „Muss es sein“ zusammengearbeitet hatte. Eigentlich hätte die Co-Produktion „Force and Freedom“ unter der Regie von Nicola Hümpel bei den Schwetzinger Festspielen im Mai ihre Premiere gefeiert, nun musste sie Corona-bedingt auf 2021 verschoben werden. Es folgte die Transformation in ein digitales Tagebuchprojekt, das eine unmittelbare Reaktion auf die neuen Situationen in der Corona-Pandemie darstellt, denen wir begegnen. Musiziert wird aus der Isolation heraus, ohne Rückmeldung eines Publikums. Das geschieht bei „Force and Freedom“ mit kleinen Clips, die ungewöhnliche und vielfältige Szenen zeigen: Da gibt es brennende Noten, Autobahnbrücken, Katzen, die mit Metronomen spielen und weitere Skurrilitäten – das alles unterlegt mit der Einspielung der Beethoven-Quartette durch das Kuss Quartett (jüngst beim Label Rubikon Classics erschienen). Die Summe der 29 Tagebucheinträge ergibt das Ganze, und am Ende winkt ein spielerisches Memory. Ein erfrischendes Videoprojekt in Zeiten der Streamingflut.

Sandra Luzina / Tagesspiegel

„Zwei Wochen hatte die Gruppe aus Sängern, Tänzern und Schauspielern schon gemeinsam geprobt. Nun bleiben alle zu Hause – und führen den kreativen Prozess dennoch fort.“

Sandra Luzina / Tagesspiegel

Abgesagte Vorstellungen und ungewisse Zukunft: Die freie Berliner Szene ist besonders hart von der Corona-Krise betroffen Im März probte die Berliner Tänzerin und Choreografin Yui Kawaguchi noch in Frankreich ihr neues Stück, das Elemente des japanischen No-Theaters mit zeitgenössischem Tanz verbindet. Die Uraufführung von „Mugen“ sollte am 1. April in den Berliner Sophiensaelen stattfinden. Kawaguchi war gerade dabei, das Licht einzurichten, als der Intendant des Theaters von Montbéliard sie aufforderte, schleunigst abzureisen, denn am nächsten Tag würde die Grenze nach Deutschland geschlossen. Kawaguchi und der Lichtdesigner Fabian Bleisch kauften schnell noch Proviant ein, fuhren dann mit dem Auto nach Berlin und begaben sich sofort in häusliche Quarantäne. Kawaguchi trainierte zwar in ihrem Wohnzimmer, doch am Ende der 14 Tage, so erzählt sie im Telefoninterview, fühlte sie sich, als sei sie in Watte eingepackt und ihr gehe langsam die Luft zum Atmen aus. An dem Tag, als die Quarantäne vorbei war, schneite es zehn Minuten lang. Kawaguchi rannte sofort aufs Dach ihres Wohnhauses und tanzte mit den Schneeflocken. Das Video postete sie auf Facebook. „Ich habe mich ganz mit dem Moment verbunden gefühlt“, beschreibt sie ihr Glücksgefühl. Sie hofft, dass sie „Mugen“ in diesem Jahr noch zeigen kann. Es ist nicht das einzige ihrer Projekte, das wegen der Corona-Pandemie vorerst abgesagt werden musste. Eine enge Zusammenarbeit verbindet Kawaguchi, die seit 2005 in Berlin lebt, mit der Gruppe Nico and the Navigators. Deren Beethoven-Projekt „Force and Freedom“ sollte am 1. Mai bei den Schwetzinger SWR Festspielen Premiere feiern. Zwei Wochen hatte die Gruppe aus Sängern, Tänzern und Schauspielern schon gemeinsam geprobt. Nun bleiben alle zu Hause – und führen den kreativen Prozess dennoch fort. „Ich bin dankbar, hier zu sein“ „Wir arbeiten individuell weiter, sammeln Material und schicken Nico kleine Videos“, erzählt Kawaguchi. Die Navigators sind froh, dass sie weiterarbeiten können. Vertraglich wurden ihnen 80 Prozent des regulären Probenhonorars garantiert. Doch die Gagen aus Gastspielauftritten brechen weg. Um über die Runden zu kommen, hat Kawaguchi deshalb Soforthilfe bei der Investitionsbank Berlin beantragt. Schon nach wenigen Tagen waren die 5000 Euro auf ihrem Konto. „Ich bin dankbar, hier zu sein“, sagt Kawaguchi. In Japan sei es für Künstler sehr viel schwieriger, finanziell zu überleben. Auch andere Berliner Tanzschaffende haben von der Soforthilfe profitiert. Dennoch trifft die Coronakrise die freischaffenden Tänzer und Choreografen besonders hart. Sie arbeiteten sowieso schon unter prekären Umständen, berichten Moritz Majce und Kasia Wolinska vom Vorstand des Vereins „Zeitgenössischer Tanz Berlin“. Die beiden bekommen die Ängste und Sorgen ihrer Kollegen ganz unmittelbar mit. Mit dem Geld aus einer Schenkung haben sie das Peer-to-peer-Projekt gestartet, um in Not geratene Tanzschaffende zu unterstützen. Wer einem Kollegen Hilfe anbietet, etwa bei der Beantragung von Fördermitteln, bekommt dafür 50 Euro. Es ist zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber ein wichtiges Signal, das die Szene zusammenhält. Eine große Verunsicherung erlebt auch Michael Freundt, der Geschäftsführer vom „Dachverband Tanz Deutschland“. Gemeinsam mit der Tanzszene Baden-Württemberg und den Tanzbüros in Berlin, NRW und München hat der Dachverband eine bundesweite Umfrage zu den Einnahmeausfällen im Tanzbereich durchgeführt. Über 600 Tabellen wurden ausgewertet: „Wir rechnen allein im Tanzbereich mit über 130 Millionen Euro an Einnahmeverlusten für Selbständige, Ensembles, Schulen und Einrichtungen.“

Rémy Franck / pizzicato

„In kurzen, schnellen oder meditativen Clips, denen die beim Rubicon Classics veröffentlichte Gesamteinspielung aller Beethoven Streichquartette zu Grunde liegt, werden individuelle Miniaturen der Künstler zusammengefügt, die als wachsendes Digitales Tagebuch, kleine Erinnerungen wie Zeitkapseln oder Reminiszenzen an die gemeinsame Gegenwart in der aktuellen Vereinzelung speichern.“

Rémy Franck / pizzicato

Gemeinsam mit dem Kuss Quartett wollte das Ensemble Nico and the Navigators einen Beitrag zum Beethoven-Jahr 2020 auf die europäischen Musikbühnen bringen: unter dem Titel Force and Freedom wollten sie « die Musik im existenziellen Spannungsfeld zwischen äußeren Zwängen und innerer Freiheit mit ihrem unauflöslichen Gegensatz von subjektivem Wunsch und objektiver Wirklichkeit ausloten, in dem sich Beethoven zeitlebens bewegen und behaupten musste. » Die Premiere sollte am 1. Mai 2020 im Rahmen der Schwetzinger SWR Festspiele stattfinden, weitere Aufführungen waren u.a. für den Kissinger Sommer, im Konzerthaus Dortmund, im BOZAR Brüssel und im radialsystem Berlin geplant. Am 18. März 2020 mussten die Proben in den Berliner Ufer-Studios abgebrochen werden, die Uraufführung am 1. Mai 2020 ist zusammen mit den gesamten Schwetzinger Festspielen abgesagt und inzwischen auf nächstes Jahr verlegt worden. Auch die anderen Termine sollen in der nächsten Saison nachgeholt werden. Anfang April wurde aber ein Internet-Projekt initiiert, das auf der Arbeit an Force and Freedom basiert und das neben den dort gestellten Fragen eben auch die aktuellen Beschränkungen des Lebens verhandelt. In kurzen, schnellen oder meditativen Clips, denen die beim Label Rubicon Classics veröffentlichte Gesamteinspielung aller Beethoven Streichquartette des Kuss Quartetts zu Grunde liegt, werden individuelle Miniaturen der Künstler zusammengefügt, die als wachsendes digitales Tagebuch kleine Erinnerungen wie Zeitkapseln oder Reminiszenzen an die gemeinsame Gegenwart in der aktuellen Vereinzelung speichern. « Es ist eine Technik jenseits des gewohnten Streamings: Die Wahl der Stücke und der Schnitt der Szenen setzen die Momentaufnahmen in einen Zusammenhang und entwickeln aus Fragmenten ein Ganzes, eine digitale Inszenierung. Diese Methode vermag allerdings nicht, das physische Gemeinschaftserlebnis einer Aufführung zu ersetzen. Die Arbeit ist vielmehr Ausdruck der Sehnsucht des Einzelnen nach dem jeweils anderen, die als bleibende Erfahrung aus dieser Krise erhalten werden sollte. » Die einzelnen Sequenzen sind bereits jetzt in den sozialen Medien zu verfolgen. Am Ziel dieses Weges wartet ein außergewöhnliches Memory-Spiel, dessen Teile aus einer Auswahl der insgesamt 29 Clips zusammengefügt werden können. Bei richtiger Auflösung besteht die Möglichkeit Karten für künftige physische Aufführungen von „Force and Freedom“ zu gewinnen. Unter diesem Link sind alle bisherigen Clips zu finden: https://tagebuch.navigators.de/

Eine Produktion der Schwetzinger SWR Festspiele und Nico and the Navigators gefördert durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa. Im Rahmen von „BTHVN 2020 - bundesweit“, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Koproduziert vom Konzerthaus Dortmund. In Kooperation mit dem Radialsystem.

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