HElden & KleinMUT

Premiere für das neue internationale Ensemble: In einer Zeit, in der die Angst kleine Helden und große Heilsversprecher hervorbringt, in der aus Langeweile antibakterielle Seife für porentiefe Sicherheit gekauft wird, während wir den wahren Bedrohungen unserer Existenz tatenlos gegenüberstehen, hinterfragen Nico and the Navigators ihre eigenen Ängste, Irrwege und Ausreden.

In einer Zeit, in der die Angst kleine Helden und große Heilsversprecher hervorbringt, in der aus Langeweile antibakterielle Seife für porentiefe Sicherheit gekauft wird, während wir den wahren Bedrohungen unserer Existenz tatenlos gegenüberstehen, hinterfragen NICO AND THE NAVIGATORS ihre eigenen Ängste, Irrwege und Ausreden.

 

„I am frightened and I can see you’re frightened, too… And when I see how frightened you are, I realise what it is…“ David Lynch

 

„…Angst lässt sich mit Schwindel vergleichen. Kommt jemand dahin, dass sein Auge in eine gähnende Tiefe hinuntersieht, so wird ihm schwindelig. Aber was ist der Grund, es ist ebenso sehr sein Auge wie der Abgrund; denn gesetzt, er hätte nicht hinuntergestarrt. So ist die Angst der Schwindel der Freiheit, der aufkommt, wenn der Geist die Synthese setzen will, und die Freiheit nun in ihre eigene Möglichkeit hinunterblickt, und dann die Endlichkeit ergreift, um sich daran festzuhalten…“ 

Søren Kierkegaard

 

HELden & kleinMUT ist die siebte Produktion von NICO AND THE NAVIGATORS. Es ist zudem die Premiere für das neue internationale Ensemble, das diesmal von Livemusik begleitet wird.

AN DER OBERFLÄCHE DES ABGRUNDS

Von jenem Helmut, der in den Versalien des Titels sichtbar wird, ist an diesem Abend eigentlich kaum die Rede. Vielmehr erzählt das Stück in Stücken von den uralten und immer neuen Ängsten, die das Leben mal eben so mit sich bringt – und von den möglichen Haltungen, mit denen man ihnen begegnen kann. Wie viel Abgrund verbirgt sich unter der Oberfläche eines Tisches? Warum wirft der Mensch oft Schatten, die größer sind als er selbst? Und welche Strategien muss man gegen diese Ängste entwickeln? HELden & KleinMUT zeigt, wie man sich Befürchtungen ein- und ausreden kann, wie man sie überspielt, weglacht oder überwindet. Die Inszenierung spielt mit der Ambivalenz des Fremden, nach dem man sich sehnt und das man gleichzeitig fürchtet, sie erzählt von der verhuschten oder erstarrten Haltung im Angesicht des Unvorhersehbaren. Da werden Haare zum Visier gekämmt und Lippen blutrot nachgezogen, da wird im Kampf gegen die ungebetene Überraschung verzweifelt komisch die Form gewahrt. Das Bühnenbild suggeriert mit Balkonen und einem scheinbar abgrund-, in Wahrheit aber nur bodentiefen Brunnenrand die Fallhöhe der Existenzen, die dem Zuschauer hier präsentiert werden. Und letztlich bieten ein harmloses, aber nicht abzuschüttelndes Hemmnis oder ein leerdrehender Fleischwolf bestmögliche Beschreibungen für das, was einem Menschen drohen kann, wenn er es sich nur stark genug einbildet.

Mit HELden & KleinMUT formiert sich nicht nur ein neues Bühnenensemble mit internationalen Künstlern aus Belgien, Japan, Südafrika und Österreich, sondern werden Nico and the Navigators erstmals auch von Live-Musikern begleitet: Steffen Martin & João Orecchia sorgen mit Gitarre und Elektronik also für ein dezentes Herantasten ans Musiktheater. Im Zuge der Produktion entsteht so auch die CD „Each of us is one of them“. 

ANDREAS HILLGER

 

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Pressestimmen

Margarete Affenzeller / Der Standard

…Bildnerische Eigenständigkeit und Akkuratesse ist das Fundament des Ensembles… Umso schlüssiger, klarer, behauptungsvoller gelingt hier eine Wiederverzauberung der Welt, wie sie so schön schon lange nicht mehr sein durfte. Dem schmalen Abend (eine Stunde, zehn Minuten) steht das geradezu lachhaft weite Thema „Angst“ vor. Er handelt freilich von weniger und mehr, auch von der Angst beim Anblick eines Kindes ohne Sturzhelm am Fahrrad…

Margarete Affenzeller / Der Standard

Ein guter Start des Donaufestivals mit dem schönen Tableau-vivant-Bildertheater "HELden & kleinMUT" Mit ihrem schönen Tableau-vivant-Bildertheater "HELden & kleinMUT" hat das deutsche Performance-Team Nico and the Navigators das Donaufestival eröffnet. Ein guter Start! Krems – Mit ihrer sanften Form von Subversion haben sich die Mitglieder des deutschen Performance-Kollektivs Nico and the Navigators den rührenden Titel "Ehrenschweizer der Kunst" (Renate Klett) zugezogen. Ihr großformatiges Tableau-vivant-Theater wird denn von als eidgenössisch verschriener Bedächtigkeit, Genauigkeit und Langsamkeit in Schuss gehalten. Und man macht, auch das eine nämliche Attitüde, abseits von modischen Verrenkungen zeitgenössischen Performance-Theaters sein eigenes Ding. Es heißt diesmal HELden & kleinMUT und hat am Donnerstag das neue Niederösterreichische Donaufestival eröffnet. Es ist die siebte Arbeit der seit 1998 bestehenden Gruppe, und sie ist zum ersten Mal (!) in Österreich zu Gast. Ein Versäumnis, das Neo-Intendant Thomas Zierhofer- Kien nun nachholt. Bildnerische Eigenständigkeit und Akkuratesse ist das Fundament des Ensembles. Leiterin und Regisseurin Nicola Hümpel (alias Nico) kommt nicht als Einzige ihrer Off-Gruppe von der bildenden Kunst, sie hat am Bauhaus Dessau die Bühnenklasse besucht, bei Achim Freyer gearbeitet und mit ihren Navigatoren das "Sprechtheater" gleich von Anfang an weit umsegelt. Umso schlüssiger, klarer, behauptungsvoller gelingt hier eine Wiederverzauberung der Welt, wie sie so schön schon lange nicht mehr sein durfte. Dem schmalen Abend (eine Stunde, zehn Minuten) steht das geradezu lachhaft weite Thema "Angst" vor. Er handelt freilich von weniger und mehr, auch von der Angst beim Anblick eines Kindes ohne Sturzhelm am Fahrrad. Figuren, Zustände, Bilder finden hier in einer losen, szenisch puristischen Aneinanderbindung nur zu momenthafter Gültigkeit. Menschen (Typen) schieben sich mit oder ohne Koffer in das in sich verschachtelte graue Kubengebirge von Bühnenbildner Oliver Proske, lassen ihr langes Haar über die Kante einer Zwischenetage hängen oder lüpfen den Rock für den schwangeren Bauch. Edel-Off-Truppe Nico and the Navigators gestatten – Achim Freyer plus Stummfilmmimik – die Wiederverzauberung der Welt, ganz präzise. In Fliederfarben und Olivgrüntönen (phänomenale Lichtführung von Peter Meier), mit seidigen Gitarren- und Trommelklängen von Steffen Martin und Joao Orechhia. Off-Theater? Nico and the Navigators sind die Edel- Truppe unter den Freien. Die (markanten) Frisuren sind mindestens so teuer wie die traumhafte Couture, und weil man erfolgreiche Designer in der Mannschaft hat, ist die Schönheit aller vorkommen den Dinge raumgreifend. Desgleichen die sechs Darsteller, drei Frauen, drei Männer, ihre Namen (zum Beispiel Annedore Kleist) so extravagant wie die dazugehörigen Gesichter. Und wenn an ihren sauberen nackten Füßen einmal ein Plastiksackerl picken bleibt, dann ist der darauf folgende Befreiungsakt immer schon mindestens ein Ballett. Humor zählt hier, auch im Singen von Chansons. "Do you want to buy my paradise?", ruft die kecke Französin im roten Puffärmelkleidchen verlockend. Und man will es nicht. Eine wundervolle Arbeit.

Astrid Biesemeier / Frankfurter Neue Presse

…Mit einem wunderbaren Gefühl für Langsamkeit und Erregungszustände reihen „Nico and the Navigators“ Momente von Hoffnung und Scheitern in kleinen Szenen aneinander, zeigen Helden, die so schräg sind wie die Schieflage namens Leben, in der sie sich bewegen… Dennoch liegt ein Zauber über allen Dingen. Denn „Nico and the Navigators“ schauen liebevoll ironisch auf das Leben…

Astrid Biesemeier / Frankfurter Neue Presse

In den Händen hält er Broschüren mit der Aufschrift „Strategien für ein Leben ohne Tod und Sterben“. Bitte was? Es sieht so aus, als würde Christoph Glaubacker diese maximale Lebensversicherung der Welt als Versprechen entgegenstrecken. Aber eigentlich klammert er sich an seine Broschüren wie an eine letzte Hoffnung. In „HELden & KleinMUT“ von „Nico und the Navigators“ geistern wieder einmal komische Unglücksraben und seltsame Ungeschicklichkeitskünstler über die Bühne: stur, zart, wütend, melancholisch, trotzig, gemein, linkisch – und meist zerbrechlich wie das Leben selbst. Statt zu leben, üben sie sich im Überleben. Nicola Hümpel (Regie) und Peter Meier (Licht) tauchen die kühle Bühne aus klaren Formen (Oliver Proske) in reizvolles Licht und sanfte Klänge. Doch unter der schönen Oberfläche lauert Angst. Und Angst spricht viele Sprachen und hat viele Gesichter: Neid, Gemeinheit, Wut, Zaudern – um nur einige zu nennen. Doch wo die Angst der einzige Held ist, so führt Hümpel vor, werden die Menschen zu Statisten ihres eigenen Lebens, navigieren sich durch eine Welt der versperrten Möglichkeiten. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Mit einem wunderbaren Gefühl für Langsamkeit und Erregungszustände reihen „Nico and the Navigators“ Momente von Hoffnung und Scheitern in kleinen Szenen aneinander, zeigen Helden, die so schräg sind wie die Schieflage namens Leben, in der sie sich bewegen. Gäbe es Mut zu kaufen, sie hätten sicher viel davon in den Tüten und Koffern, die sie hinter sich herziehen. Dennoch liegt ein Zauber über allen Dingen. Denn „Nico and the Navigators“ schauen liebevoll ironisch auf das Leben.

Egbert Tholl / Süddeutsche Zeitung

…die aktuelle Produktion „Helden & Kleinmut“… wirkt auf den ersten Blick wie ein Entspannungsseminar für gestresste Wirtschaftsbosse. Die Bildwelten von Hümpel und ihrem Bühnenbildner Oliver Proske sind mit eisiger Präzision gezimmerte Durchgangsfoyers fragiler Menschen… Als kleinmütige Helden werben sie für ein „Leben ohne Tod und Sterben“, als ständen sie mit dem Wachturm an der Straßenecke. Sie preisen den Segen von Lebensversicherungen und spielen Entleibung, Selbstverlust und Wahnsinn…

Egbert Tholl / Süddeutsche Zeitung

"Nico and the Navigators" in der Muffathalle Irgendwann muss es im Leben von Nicola Hümpel einen Punkt gegeben haben, da schaute sie hinter die Oberfläche der sie umgebenden Welt. Und sie sah ein Grauen. Sie sah Angst und Neid und Missgunst und ein verzweifeltes Klammern an ein Funktionieren, das als scheinbar notwendige Voraussetzung zum Überleben begriffen wurde. Nun kam ihr aber gleichzeitig die Erkenntnis, dass man als künstlerisch veranlagter Mensch, dem so ein Grauen aufstößt, sich vielleicht gerade dann einer nachhaltigen Wirkung beraubte, wenn man die Oberfläche einreißen und all das Hintergründige nackt auf, sagen wir mal, eine Theaterbühne stellen würde. Weil doch mit dem Verlust der uns umgebenden Oberfläche auch das dann ausgestellte Grauen lediglich irgendeines wäre, im Zweifelsfall eines, das mit herrschenden Lebenswelten nichts mehr zu tun hätte. Es ist die Zeit der Überdeutlichkeit, und Frau Hümpel ist ein Anachronismus. An den Kammerspielen liest Hamlet Michael Moore, am Gärtnerplatztheater findet sich die Butterfly in einem Kabarett verrotteter Alltagstypen wieder, am Residenztheater prallen mit Botho Strauß Ost und West mit der Geheimniskraft eines Grillabends aufeinander. Wird Theater im weiteren Sinne politisch, wird oft die Textvorlage so eindeutig wie die Inszenierung geradlinig. Kein Platz ist dann mehr für Geheimnisse, die spezifische Aussage lässt sich in jedem nur erdenklichen psychischen und physischen Zustand völlig uneingeschränkt begreifen. Doch was völlig klar vor dem Auge des Betrachters liegt, findet oft nicht den Zugang zum Herz. Und ein Hirn ohne Herz hat nunmal keinen Schmerz. Seit Nicola Hümpel 1998 das Ensemble "Nico and the Navigators" gegründet hat, waren die wunderlichen Unternehmungen dieser verhaltenshauptstädtischen Körpertheatertiere in aller Welt zu sehen, mehrfach auch in München, wo heute noch in der Muffathalle die aktuelle Produktion "Helden & Kleinmut" zu Gast ist. Diese wirkt auf den ersten Blick wie ein Entspannungsseminar für gestresste Wirtschaftsbosse. Die Bildwelten von Hümpel und ihrem Bühnenbildner Oliver Proske sind mit eisiger Präzision gezimmerte Durchgangsfoyers fragiler Menschen, deren Selbstbehauptung in Style und Pop kaum einen Reflex auf der Netzhaut hinterließe, wären sie nicht alle ein bisschen merkwürdig. Als kleinmütige Helden werben sie für ein "Leben ohne Tod und Sterben", als ständen sie mit dem Wachturm an der Straßenecke. Sie preisen den Segen von Lebensversicherungen und spielen Entleibung, Selbstverlust und Wahnsinn. Eigentlich sähe das alles schön aus. Die sechs Akteure sind schön. Die Kostüme sind schön. Die Bühne ist schön. Die Musik von zwei Musikern und von Band ist schön. Doch das Suchen nach dem Selbst ist vergeblich, es steckt wie ein Kloß im Hals der Angst, und am Ende bleibt von der zärtlichen Vorsicht nur ein Rauschen im Wind. Der Abend wandert einen schmalen Grat zwischen der Behauptung von Oberfläche und dem, was sie verbirgt, entlang. Welche Seite man sehen will, sehen kann, liegt am Zuschauer selbst.

Rheinischer Merkur

…Einmal mehr schickt Regisseurin Nicola Hümpel ihre Edel-Off-Gruppe an die Ränder des Theaters: zwischen Tanz, Farce und Tableau vivant demonstrieren sie mit choreografischer Akuratesse abstrahierte Haltungen; sie spielen mit Sinn und Unsinn, zitieren Angst und andere Gefühle…

Rheinischer Merkur

Einmal mehr schickt Regisseurin Nicola Hümpel ihre Edel-Off-Gruppe an die Ränder des Theaters: zwischen Tanz, Farce und Tableau vivant demonstrieren sie mit choreografischer Akuratesse abstrahierte Haltungen; sie spielen mit Sinn und Unsinn, zitieren Angst und andere Gefühle, und solange man dem szenischen Rhythmus folgt, sucht man unbeschwert nach dem Sinn des Ganzen, als lauschte man in den Geräuschen des Alltags auf eine Melodie.

Sandra Luzina / Der Tagesspiegel

…Es sind immer recht verzagte Zeitgenossen, die NICO AND THE NAVIGATORS aufs Korn nehmen. Helden des komisch-anmutigen Scheiterns. Wenn sie sich in ihrer siebten Produktion „Helden & Kleinmut“ den eigenen Ängsten stellen, ist das ein garantiert unheroisches Unterfangen. Dafür begeistert der Abend in den Sophiensälen durch surreale Bildfantasie, absurden Witz und starke Darsteller. Sechs Navigatoren sind ausgezogen, das Fürchten zu lernen. Am meisten haben sie Angst vor der Angst…

Sandra Luzina / Der Tagesspiegel

Es sind immer recht verzagte Zeitgenossen, die NICO AND THE NAVIGATORS aufs Korn nehmen. Helden des komisch-anmutigen Scheiterns. Wenn sie sich in ihrer siebten Produktion "Helden & Kleinmut" den eigenen Ängsten stellen, ist das ein garantiert unheroisches Unterfangen (weitere Aufführungen bis 16.10.). Dafür begeistert der Abend in den Sophiensälen durch surreale Bildfantasie, absurden Witz und starke Darsteller. Sechs Navigatoren sind ausgezogen, das Fürchten zu lernen. Am meisten haben sie Angst vor der Angst. Einer furchtlosen Frau reserviert Regisseurin Nicola Hümpel den ersten Auftritt, der Französin Anne Paulicevich. Eine Femme fatale, die mit der Liebe spielt. Und sich am Ende vor sich selbst fürchtet. Ansonsten defilieren wieder verschreckte und verwirrte Jünglinge mit hochgeföntem Haarschopf über die Bühne, die ihre Verzagtheit wie ein wundersames Gepäckstück mit sich herumtragen. Oliver Proskes Bühnentürme sind zugleich Versteck und Falle. Sie verschlucken die Darsteller, um dann nur ein fliehendes Bein den Blicken preiszugeben. Die eigentlichen Motive liegen im Dunkeln. So ist der in pastellfarbenes Licht getauchte Bühnenspuk vergnüglich anzusehen: Furcht und Flieder. Miyoko Urayama verbirgt sich hinter ihrer schwarzen Haarmähne und verwandelt sich dabei in eine kleine Dämonin. Wenn sich dann ein Kamm in Zeitlupe auf ihren Kopf zubewegt, wird einem Angst und Bange. Der maliziöse Lajos Talamonti malt Lustvoll ein Schreckensregister aus, warnt vor Billigfliegern, aufgewärmtem Spinat und Monsterwellen. Das neuformierte Ensemble beschwört die Gefahr in mehreren Sprachen. Am Ende weiß man, wie man sich auf Japanisch fürchtet und auf Französisch Mut macht. Wie beruhigend!

Doris Meierhenrich / Berliner Zeitung

…Sorgfältig in Beige- bis Rosatönen gekleidet schieben und falten sich die dennoch immer zum Kühnsten und Besten entschlossenen Menschlein in „HELden&kleinMUT“ im Zeitlupentempo aus der Kulisse, doch eigentlich schiebt und faltet die futuristische Modellstadt jene aus sich. Es zirpt und zwitschert heiter zu der behutsamen Menschenverschiebung bis jemand den Schrecken benennt…

Doris Meierhenrich / Berliner Zeitung

"HELden & kleinMUT" von Nico and the Navigators Eigentlich alles wie gehabt: Die Welt von "NICO AND THE NAVIGATORS" ist ein schöner, furchtbarer Baukasten. Sehr elegant, sehr sinnvoll funktional, nur die Menschen darin funktionieren nie so ganz mit, weshalb diese fliederfarbene Bauhauswelt immer auch ein bisschen traurig ist und ein bisschen lächerlich. Sorgfältig in Beige- bis Rosatönen gekleidet schieben und falten sich die dennoch immer zum Kühnsten und Besten entschlossenen Menschlein in "HELden&kleinMUT" im Zeitlupentempo aus der Kulisse, doch eigentlich schiebt und faltet die futuristische Modellstadt jene aus sich. Es zirpt und zwitschert heiter zu der behutsamen Menschenverschiebung bis jemand den Schrecken benennt: "Du siehst ein Kind auf dem Fahrrad, und es hat keinen Helm auf!" Erneuert zurück Die Angst sitzt den Helden von "Nico and the Navigators" im Nacken, doch scheint diese Angst wie die Menschen in ihrer neuen Produktion längst irgendwo festzuhängen in ihrer Modellwelt. Vor knapp einem Jahr hat sich die erfolgreiche Theatertruppe auf Europatournee begeben und angekündigt, kreativ erneuert zurück zu kehren. Nun tasten sich neben Lajos Talamonti und Annedore Kleist vier neue Schauspieler aus vier verschiedenen Ländern durch die große, konstruierte Welt des Bühnenbildners Oliver Proske, und zwei Musiker spielen live die kleinen, menschlichen Intervalle dazu. Es wird englisch, französisch und flämisch gesprochen, mitteilend aber sind hier allein die Gesten und Dinge. Und darin knüpft Nicola Hümpel, der Kopf des Ensembles, an ihre besten Anfangszeiten am Bauhaus Dessau an: An ein menschengebundenes Objekttheater, das sie in ihrer letzten Produktion "Kain, Wenn & Aber" zu Ungunsten pseudophilosophierender Texte aus den Augen verloren hatte. Nun sind die Rätsel wieder gegenständlich. Fenster schieben sich auf, Schauspieler fügen sich in die Lücken. Ein Brunnen verformt sich zur Bank, diese dreht sich zu einem Laufband. Trotz ihres unbedingten Willens zur Formbeherrschung kommen die sechs Buster Keatons mit ihren bescheidenen Menschenfunktionen diesen multipotenten Kulturgegenständen natürlich nie hinterher. So blättert die lächerliche Angst aus den großen Beherrschungsfantasien, stolpert der Slapstick aus der Drohung und schimmert im Robert-Wilson-Ritual das Kasperletheater. Am Ende zieht ein Schauspieler langsam Montageteile aus seinen Kleidern hervor, als zöge er sie aus seinem eigenen Körper, und baut einen Fleischwolf daraus: Subjekt-Objekt-Verwurstung à la carte.

Uwe Sauerwein / Berliner Morgenpost

…Nun dreht sich alles um Ängste, Irrwege und Alibis. Und wieder einmal konfrontiert das Ensemble den Zuschauer mit dessen Kindheitserfahrungen… Dies alles spielt sich im kühlen, multifunktionalen Design des Bühnenbildners Oliver Proske im schnellen Wechsel, meist aber gleichzeitig ab. Und wird trotzdem, das ist nach wie vor das Wunder bei dieser Truppe, ein künstlerisch stimmiges Ganzes, das verwirrt, aber nicht langweilt, das Rätsel aufgibt, aber nicht überfordert. Und das verdienten Jubel erntet…

Uwe Sauerwein / Berliner Morgenpost

Als Nico and the Navigators vor einem Jahr andeuteten, künftig neue Wege einschlagen zu wollen, brach kollektives Wehklagen aus. Ausgerechnet die Popstars der deutschen Off-Szene, die dem Theater eine neue Sprache bescherten, drohten Berlin, Deutschland, ja der ganzen Welt nach nur fünf Jahren wieder verlustig zu gehen. Das Schicksal erweist sich als gnädig. Die Truppe ist zurück, wenngleich mit vielen neuen Gesichtern. Und just jenes Gefühl, die Angst nämlich, die ihre Fans befallen hat, ist nun Gegenstand ihrer siebten Produktion "Helden & Kleinmut". Schauplatz der Uraufführung sind wieder die Sophiensäle. Von hier aus navigieren sich Nico, also die Regisseurin Nicola Hümpel, und ihre Performer durch die große, weite Welt. Die langen Tourneen zeigen Wechselwirkung: Mit der neuen, internationalen Besetzung kommen zusätzliche Sprachen und Bewegungsmuster zum Einsatz, zwei Musiker steuern eigens produzierte Liveklänge bei. So ergeben sich weitere Verfremdungseffekte beim Spiel mit Bildern und Bedeutungen, mit Szenen und Stimmungen, das die Navigators nach wie vor virtuos betreiben. Eigentlich ist es wie in der Therapie: Man wirft einen Begriff in die Runde und jeder erzählt, was er damit assoziiert. "Lucky Days, Fremder!" 1999, der Durchbruch der Kulttruppe, handelte vom Abschied, "Kain, Wenn & Aber" im vergangenen Jahr von Entscheidungen. Nun dreht sich alles um Ängste, Irrwege und Alibis. Und wieder einmal konfrontiert das Ensemble den Zuschauer mit dessen Kindheitserfahrungen. Die Platitüden, die Lajos Talamonti über die Risiken des Lebens verbreitet, haben wir alle, wenn nicht von Eltern, so spätestens von Versicherungsvertretern gehört. Eine "Strategie für ein Leben ohne Tod und Sterben", wie sie uns, dem "Wachturm" gleich, Christoph Glaubacker entgegenhält, gibt es eben nicht. Wie man mit dieser Erkenntnis, mal erfolgreich, mal desaströs umgeht, das führen uns die Navigators vor, mit Mitteln, die von leiser Poesie über Slapstick bis zu Gewalt reichen. Die Japanerin Miyoko treibt bei ihrer Harakiri-Parodie buchstäblich mit dem Entsetzen Schabernack. Die Französin Anne Paulicevich gibt die Femme fatale, Zärtlichkeit, der sie in Chansons Ausdruck verliehen will, schlägt schnell in Hass um. Der Technokrat Niels Bovri hingegen glaubt, seelische Abgründe mit nüchterner Unverbindlichkeit meistern zu können. Dies alles spielt sich im kühlen, multifunktionalen Design des Bühnenbildners Oliver Proske im schnellen Wechsel, meist aber gleichzeitig ab. Und wird trotzdem, das ist nach wie vor das Wunder bei dieser Truppe, ein künstlerisch stimmiges Ganzes, das verwirrt, aber nicht langweilt, das Rätsel aufgibt, aber nicht überfordert. Und das verdienten Jubel erntet.

Eine Produktion von NICO AND THE NAVIGATORS und den Sophiensælen in Koproduktion mit dem donaufestival.at. Gefördert durch die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Berlin.

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